Sitzung: 24.02.2005 Ausschuss für Kultur und Städtepartnerschaften
Die
im Tertialbericht 3/2004:dargestellte Entwicklung der Nutzerzahlen und der
Nutzerzusammensetzung in 2004 gegenüber 2003 ist aus Sicht der Stadtbücherei in
Bezug auf die gesunkenen Anteile erwachsener und jugendlicher
AusweisinhaberInnen besorgniserregend.
Entwicklung der Benutzergruppen
nach Benutzerkategorie gegenüber Vorjahr
|
2003 |
|
|
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2004 |
|
|
|
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Alters-gruppen |
Anzahl
|
% |
Einw |
Nutzer-% von Einw |
Anzahl |
% |
Einw |
Nutzer-% von Einw |
Ausweise zum Vorjahr in % |
Kinder 3 – 13 J. |
3.389 |
18,61 |
7.118 |
48 |
3.614 |
30,77 |
7.474 |
48 |
107 |
Jugendl. 14 - 17 J. |
2.037 |
11,19 |
2.812 |
72 |
976 |
8,31 |
3.100 |
31 |
48 |
Erwachs.
ges. |
9.395 |
51,59 |
63.299 |
15 |
7.155 |
60,92 |
68.118 |
11 |
76 |
Gesamt |
14.821 |
100 |
73.229 |
20,24 |
11745 |
100 |
78.692 |
15 |
81 |
Die
Verluste in 2004 sind unmittelbar und vorrangig im Zusammenhang zu sehen mit
der Verdopplung der Jahresnutzungsentgelte zum 01.01.2003 auf € 24,00 resp. €
12,00. Der Einbruch der Nutzerzahlen erst im Jahr nach der Entgelterhöhung ist
insofern konsequent, als die einjährige Gültigkeit der Büchereikarten nicht an
das Kalenderjahr gebunden ist. Die Gültigkeit der meisten der in 2002 genutzten
Büchereikarten reichte bis ins Jahr 2003.
Hiervon
verzichteten 36 % auf eine Verlängerung der Ausweisgültigkeit.
Verrechnet mit der Zahl der Neuanmeldungen in 2004
reduziert sich der reale Verlust an aktiven BüchereikarteninhaberInnen in 2004
auf 19 % gegenüber 2003.
Eine
vergleichbare Reaktion auf Entgelterhöhungen bzw. auf die Einführung von
Entgelten ist typisch in Öffentlichen Bibliotheken, in Norderstedt hatte es
z.B. nach der ersten Einführung von Jahresnutzungsentgelten in 1984 einen
derartigen Einbruch in den Nutzerzahlen gegeben, dass drei Jahre später die
Entgelte wieder rückgängig gemacht wurden und die Nutzerzahlen in den
Folgejahren langsam wieder stiegen. 1994 wurden dann erneut
Jahresnutzungsentgelte eingeführt und die Nutzerzahlen brachen daraufhin von
17.053 auf 12.485 zusammen. Die ursprüngliche Nutzerzahl konnte in den
Folgejahren nicht wieder erreicht werden.
Zur
Erklärung der negativen Reaktion auf die starke Anhebung der
Jahresnutzungsentgelte müssen für die betroffenen Altersgruppen verschiedene
Aspekte betrachtet werden.
- Zu den erwachsenen
NutzerInnen einer Öffentlichen Bücherei gehören in der Regel mehr Menschen
aus den mittleren und unteren Einkommensschichten als solche mit guten
Einkommen, die immer noch die von ihnen gewünschten/benötigten
Bücher/Medien selbst kaufen können. Angesichts der Wirtschaftslage ist die
Bereitschaft bzw. Möglichkeit der erstgenannten Zielgruppen gering ein
derart hohes Jahresnutzungsentgelt für die Stadtbücherei zu zahlen, zumal,
wenn Familien zu versorgen sind.
- Bei Jugendlichen
wird von Marktforschungsinstituten zwar immer wieder deren Finanzkraft
herausgestellt, gleichzeitig belegen Erhebungen jedoch ein verändertes
Ausgabeverhalten, das sich auch in der Freizeitgestaltung niederschlägt
(vgl. Tabelle weiter unten: alle abgefragten Aktivitäten, die Geld kosten,
wurden von den Jugendlichen in 2004 gegenüber 2003 drastisch reduziert).
Investiert wird das verfügbare Geld in Ausgaben für Outfit und Kommunikation,
hierbei vor allem Handy-Nutzung.
Im übrigen trifft auch hier für das finanzielle Potential der jugendlichen potentiellen BüchereinutzerInnen oben Gesagtes zu..
Dass das Medienspektrum der Stadtbücherei als solches durchaus die Interessen der Jugendlichen trifft, zeigen die Ergebnisse der Studie „JIM“ in bezug auf Freizeitgestaltung:
Mediennutzung und Freizeitgestaltung der 14 - 19jährigen in %*
Mehrmals in der Woche ausgeübte Tätigkeiten
von % der befragten Jugendlichen ** |
2003 |
2004 |
Zeitschriften, Zeitschriften lesen |
34,70 |
36,00 |
Bücher lesen |
32,60 |
36,90 |
Fernsehen |
90,10 |
89,20 |
Radio hören |
77,00 |
82,00 |
CD/MC hören |
78,20 |
43,10 |
Videos/DVDs sehen |
13,30 |
8,30 |
Ins Kino gehen |
1,60 |
0,30 |
Theater-/Konzertbesuch |
0,40 |
0,20 |
Handarbeiten, Basteln, Heimwerken |
9,00 |
20,90 |
Sport treiben, Trimmen |
65,50 |
39,20 |
Ausgehen (Kneipe, Disco) |
30,20 |
10,40 |
*Quelle: Studie „Jugend, Information und Medien“
– In: Media Perspektiven, Hrsg. Vom Medienforschungsverband Südwest, Sonderheft
1/2005.
Bei dieser spezifischen, jährlich
fortgeschriebenen repräsentativen Langzeitstudie des Medienforschungsverbandes
Süd-West, begonnen in der Vor-Computer-
und Vor-Handy-Zeit, wird die Nutzung von beidem nicht abgefragt. Die Nutzung dieser beiden Medien wird in
anderen Erhebungen dokumentiert., der dafür aufgewendete Zeitbedarf hat in
diesem Zusammenhang keine Relevanz, wohl aber die dadurch entstehenden
Kommunikationskosten.
Vor dem
Hintergrund der weggebrochenen Nutzerzahlen und des daraufhin im relevanten 2.
Jahr verfehlten Einnahmeziels sollten aus Sicht der Stadtbücherei die
Entgelthöhe und -struktur noch einmal überdacht werden, um im einen wie im
anderen Fall zu befriedigenderen Jahresergebnissen zu kommen.
- Jahresnutzungsentgelte
für Jugendliche.
Das Wegbleiben
der 14 – 17jährigen ist besonders bedenklich im Zusammenhang mit den
PISA-Studien, da deren Ergebnisse eine eindeutige Verbindung herstellen
zwischen den Leistungen der SchülerInnen und der Einbeziehung von Büchereien in
schulrelevante Lernprozesse, aber auch selbstgesteuerte Lernprozesse.
Das
grundsätzliche Ausgabeverhalten der Jugendlichen kann die Stadtbücherei
Norderstedt durch ihre Angebote nicht beeinflussen. Eine Erleichterung des
Zugangs zur Stadtbücherei könnte aus Sicht der Stadtbücherei nur über die
Entgeltfrage geregelt werden: immerhin hatten vor der Verdopplung des
Jahresnutzungsentgelts über 70 % der relevanten Jahrgänge der EinwohnerInnen
einen Büchereiausweis.
Eine
bundesweite Abfrage hat ergeben, dass kaum eine Stadt von Jugendlichen ein
Jahresnutzungsentgelt für den Büchereiausweis fordert. Sie hat ebenfalls
ergeben, dass andere Städte, z.B. Lübeck, die zwischendurch Nutzungsentgelte
für Jugendliche eingeführt hatten, diese wieder aufgehoben haben, da die Folgen
dort denen in Norderstedt vergleichbar waren.
Sollte
sich Norderstedt ebenfalls für eine entgeltfreie Nutzung der Stadtbücherei
durch Jugendliche entscheiden, dann würde der Einnahmeverlust bei den derzeit
976 aktiven Ausweisen in der Stadtbücherei Norderstedt max. 11.712 € betragen,
dies wären 9,6 % der Einnahmen aus Nutzungsentgelten in 2003. Da allerdings ein
erheblicher Teil der Jugendlichen auf die sog. Kleine Büchereikarte entleiht,
wäre der Verlust ca bei 5 % anzusiedeln.
Aufzufangen
über andere zusätzliche Einnahmen wäre dieser Einnahmeverlust kurzfristig nicht
und mittelfristig nur durch Maßnahmen, mit denen mehr zahlende
Büchereikarten-InhaberInnen gewonnen werden könnten.
Hier
wäre aus Sicht der Stadtbücherei seitens der Politik zu entscheiden, was höher
zu bewerten ist:
- das Erreichen eines
hohen Anteils der jugendlichen EinwohnerInnen per kostenfreier Nutzung der
Bücherei oder
- der geringe Beitrag
zu den Einnahmen der Bücherei, der offensichtlich von dieser Altersgruppe
zu erzielen ist.
- Jahresnutzungsentgelt
für Erwachsene
Das
in Norderstedt geforderte Nutzungsentgelt ist im bundesweiten Vergleich fast
das höchste überhaupt. Dass die Höhe des Jahresnutzungsentgelts keine Akzeptanz
bei den EinwohnerInnen gefunden hat, zeigt der Einbruch bei der Zahl der
erwachsenen Büchereikarten-InhaberInnen.
Hier
vertritt die Stadtbücherei die Meinung, dass
- die Akzeptanz des
Jahresnutzungsentgelts bei einer geringeren Höhe bei ehemaligen und auch
bei potentiellen neuen BenutzerInnen steigen würde und
- dass über das
daraus resultierende Mehr an aktiven Büchereikarten mindestens die selbe
Einnahmehöhe, mittelfristig vermutlich jedoch ein deutliches Plus
gegenüber 2004 erzielt werden könnte.
- Familienkarte als
Alternative zu den vorgeschlagenen Veränderungen aus Punkt 2 und 3
Sofern
bundesweit in Öffentlichen Bibliotheken Familienausweise angeboten werden, so
liegt das dafür geforderte Entgelt in Büchereien vergleichbarer Größenordnung
zwischen 18,00 und 36,00 €.
Aus
Sicht der Stadtbücherei empfiehlt sich die Einführung von Familienausweisen
nicht.
Der
entscheidende Grund hierfür ist, dass die Auswirkungen auf die
Einnahmesituation nicht kalkulierbar sind, da keinerlei Daten über die
Familienzusammengehörigkeit der BüchereibenutzerInnen vorliegen.
Dem
Ausschuss für Kultur und Städtepartnerschaft wird für die Sitzung im April eine
entsprechende Vorlage vorgelegt.