Beschluss: Kenntnisnahme

Sachverhalt:

Die Verwaltung wurde in o.g. Sitzung gebeten zu prüfen, in wie weit auf den Hauptverkehrsstraßen der Stadt, nach Erneuerung der Fahrbahndecken die Leitlinien wieder aufgebracht werden sollen.

 

Antwort der Verwaltung

Grundsätzlich gilt:

 

Die Entscheidung zum Aufbringen von sog. „Mittelstrichen“, in der Fachsprache Leitlinien genannt, ist der Bedeutung nach keine Frage kommunalrechtlicher Gestaltungsfreiheit oder auch nur kosmetischer Verdeutlichung im Straßenverkehr noch Entscheidung des Trägers der Straßenbaulast.

 

Es bedarf vielmehr der individuellen, verkehrsbehördlichen Anordnung für jeden Straßenbereich, in dem eine Leitlinie aufgebracht wird. Guten Gewissens hat sich die Entscheidung an den örtlichen Gegebenheiten der Straße im Abgleich mit den Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung zu orientieren. Es wäre im Sinne der Verkehrssicherheit fatal, den grundsätzlichen politischen Appell für ein Verkehrsinstrument zum ungeprüften Grundsatz der Verwaltungspraxis zu machen, noch an Maßstäbe zu knüpfen, die mit Begrifflichkeiten wie „Hauptstraßen“ sachfremd sind.

 

Im Einzelnen

 

Dort wo innerorts Straßen mit nur 2 Fahrstreifen existieren, die Geschwindigkeit max. 50 km/h beträgt und bauliche Elemente wie Rinnen und Borde ausreichend erkennbar sind, ist es heutzutage bei den Verkehrsexperten und beteiligten Dienststellen Erkenntnislage, auf Leitlinien unbedingt zu verzichten, um so zu einer angemessenen Geschwindigkeitswahl beizutragen. Denn eine Mittelmarkierung führt durch die optisch klare Fahrstreifenaufteilung zu dem unschönen Effekt, dass vermehrt schneller gefahren wird. Mithin sich die Fahrzeugführer weniger am Kantstein und an dem Gegenverkehr orientieren, so dass vermehrt innerorts Geschwindigkeitsüberschreitungen entstehen.

 

Von daher ist es Stand der Technik, dass Mittelmarkierungen im innerstädtischen Bereich unter diesen Bedingungen nicht mehr aufgebracht werden. Dieser Auffassung hat sich die Verkehrsaufsicht bisher auch angeschlossen. 

 

Im Übrigen ist die Verkehrsaufsicht durch den zu Rate gezogenen Markierungsexperten Dipl.-Ing. Mario Anders, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen und Verkehrsakademie Dortmund, darauf hingewiesen worden, dass das Kriterium der KFZ-Stärke/Tag von 5.000 Fahrzeugen seine Bedeutung verlieren wird. Es davon auszugehen ist, dass noch in diesem Jahr dieser Punkt in der Richtlinie wegfällt. Stattdessen werde die neue Richtlinie (Richtlinie für die Markierung von Straßen- RMS) vorsehen, dass die Anwendung von Leitlinie aus Gründe der Verkehrssicherheit oder des Verkehrsablaufs unbedingt auf das erforderliche Maß beschränkt werde. Dieses bestätigte auch die Forschungsgesellschaft nochmals der Stadt Norderstedt.

 

Zum Friedrichsgaber Weg

Für den Friedrichsgaber Weg ist unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Gegebenheiten und nach sachgerechter Interessensabwägung eine Leitlinie nicht im Sinne des § 45 Abs. 9 Straßenverkehrsordnung und der RMS zwingend geboten und darf dann auch nicht durch die Straßenverkehrsbehörde angeordnet werden.

 

Es gilt eine Geschwindigkeit von max. 50 km/h mit einer zweistreifigen Straße in Ortslage. Die entsprechende Orientierung für die Fahrzeugführer ist baulich durch Borde vorgegeben. Zusätzlich ist der betreffende Bereich nur einseitig bebaut und die gegenüberliegende Seite weist einen ländlichen Charakter auf. Ein Aspekt, der in Verbindung mit einer Leitlinie erfahrungsgemäß ebenso zu überhöhten Geschwindigkeiten verleitet. Ansonsten führt auch die Beschaffenheit und Beleuchtung der Straße sowie die Streckenführung zu keiner abweichenden Bewertung.

 

Unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit und des Verkehrsflusses kann es deshalb auch zu keiner anderen Entscheidung kommen.

 

Dies ist auch wesentlicher Tenor im Protokoll der Regelverkehrsschau 2016 gewesen und wird u.a. auch durch die Auffassung des ADAC gestützt.

 

Auch die Stellungnahmen der Polizei und des Straßenbaulastträgers ergab keine gegenteilige Meinung.

 

Fazit:

Oberstes Entscheidungskriterium der Verkehrsbehörde ist immer die Verkehrssicherheit und somit die Vermeidung von Unfällen. Verkehrsexperten forschen zum Unfallgeschehen und lassen ihre Erkenntnisse in Verordnungen und Richtlinien einfließen, die dann wiederum sorgfältig von den Verkehrsbehörden anzuwenden sind.

 

Natürlich erscheint im ersten Moment die Leitlinie, die auf Hauptverkehrsstraßen ein gewohntes Bild für den Verkehrsteilnehmer darstellt, als das sichere Mittel der Wahl.

 

Bei der Beurteilung sollten aber die neusten Erkenntnisse der Forschung und die daraus abgeleiteten Richtlinien unbedingt von der Verkehrsbehörde angewendet werden.

 

Nur allein das Abstellen auf das Kriterium „Hauptverkehrsstraße“ reicht da nicht mehr aus.

 

Daher wird seitens der Verkehrsaufsicht Norderstedt stets sorgfältig geprüft, inwieweit Leitlinien an bestimmten Örtlichkeiten zu Verkehrssicherheitsgründen beitragen oder sogar aus den selbigen weggelassen werden sollten. Letzteres ist beim Friedrichsgaber Weg der Fall.