Beschluss: noch nicht festgelegt

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In der Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz am 17.01.2001 stellte Herrn Dr. Weinhold unter TOP 4.5, Klimaschutz, folgende Anfragen an die Verwaltung:

1.        Welchen Anteil hat der Mensch an der beobachteten Temperaturerhöhung?

2.        Wie hoch ist der menschliche Anteil an den Klimagasen Wasserdampf, CO2, Methan und Lachgas (N2O) am natürlichen Vorkommen in der Atmosphäre?

3.        Ist die Chance, den Treibhauseffekt mit den in Kioto vereinbarten Reduzierun­gen zu stoppen, hoch oder niedrig?

 

Hierauf werden folgende Antworten gegeben:

Zu 1. und 2.:

Die durchschnittliche globale Temperatur der Erde schwankte in den letzten Jahr­milli­o­nen zwischen 9°C und 16°C (UBA). Das entspricht einer Temperatur, die ca. 285°C über der um­gebenden Weltraumtemperatur liegt. Für diese lebensnot­wendige Tem­peraturdifferenz sind neben dem Wärmerückhaltevermögen der Erdatmosphäre eine Reihe von Spuren­gasen ver­antwortlich, die einen natürlichen Treibhauseffekt von etwa 33°C bewirken (ENQUETE-KOMMISSION, S. 137, 140).

Das Leben auf der Erde in der uns heute bekannten Form ist sowohl an dieses Ausmaß der Temperaturerhöhung als auch an deren hohe Konstanz über sehr lange Zeiträume gebunden. Ähnlich wie beim menschlichen Körper werden zu niedrige Temperaturen (Unterkühlung) als auch zu hohe Temperaturen (Fieber) lebens­gefähr­lich.

Zu dem natürli­chen Treibhauseffekt leisten die nachfolgend aufgeführten Stoffe der­zeit den in der Tabelle angegebenen Beitrag:

 

Treibhausgas

Temperatur-
erhöhung um:

Anteil am natürlichen Treibhauseffekt (gerundet)

§                   Wasserdampf

20,6°C

62 %

§                   Kohlendioxid

7,2°C

22 %

§                   Ozon

2,4°C

7 %

§                   Distickstoffoxid

1,4°C

4 %

§                   Methan

0,8°C

2 %

Quelle: ENQUETE-KOMMISSION (S. 141)

Davon zu unterscheiden ist der durch menschliche Aktivitäten hervorgerufene zu­sätz­liche (anthropogene Treib­hauseffekt, der insbesondere seit Beginn der Industria­lisierung festzu­stellen ist. Hier­für sind hauptsächlich folgende Stoffe verantwortlich:

 

Treibhausgas

Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt

Im Durchschnitt der Jahre 1860 - 1980

Im Durchschnitt der Jahre 1980 - 1990

§                   Kohlendioxid

60 %

50 %

§                   FCKW

9 %

22 %

§                   Ozon

10 %

7 %

§                   Methan

14 %

13 %

§                   Distickstoffoxid

3 %

5 %

§                   Wasserdampf in der Stratosphäre

4 %

3 %

Quelle: ENQUETE-KOMMISSION (S. 44)

Analysen der atmosphärischen Gaszusammensetzung über die vergangenen 160.000 Jahre haben ergeben, dass die CO2-Konzentration im Vergleich zum lang­jährigen Mittel (180 – 280 ppm = parts per million) seit Beginn der Industrialisierung auf 360 ppm und damit um rund 30% gestiegen sind (LOZÁN / GRASSL / HUPFER, S. 115 f.). Nach Aussage von Dr. Latif bei seinem Vortrag in Norderstedt war der CO2-Gehalt in der Atmosphäre seit mindestens 400.000 Jahren nicht mehr so hoch wie heute (so weit kann derzeit die Gaszusammensetzung der Erdatmosphäre über Analysen von Eiseinschlüssen zurück verfolgt werden).

Die Zahlen für das momentan wichtigste Treibhausgas CO2 zeigen auf, dass der menschliche Anteil am gesamten Treibhauseffekt – natürlicherweise – gering ist. Besorgniserregend sind das Ausmaß der Veränderungen, die zeitlich verzögerten Auswirkungen der schon freigesetz­ten Treibhausgase sowie die Tatsache, dass wir uns gegenwärtig bereits an der Obergrenze der natürlichen Schwankungsbreite von 9°C bis 16°C befinden. Um im oben verwendeten Bild zu bleiben: Die Erde weist be­reits eine “erhöhte Temperatur” auf und das bevorstehende “Fieber” ist nicht mehr zu vermeiden.

Nach dem Stand der Forschung ist eine Erhöhung der mittleren Erdtem­peratur in Höhe von 0,5°C in den letzten 100 Jahren auf den anthropogenen Treib­hauseffekt zurück zu führen (ENQUETE-KOMMISSION, S. 137 f.). Mit den aktuell verfügbaren Klimamodellen wird eine weitere Erwärmung auf Grund von anthropoge­nen Treib­hausgasen von 1,5°C – 4,5°C in diesem Jahrhundert erwartet (ENQUETE-KOMMIS­SION, S. 39). Das entspricht einer welt­weiten Erwärmung, wie sie seit Ende der letzten Eiszeit in den vergangenen 18.000 Jahren in natürlicher Weise stattgefunden hat. Die vom internationalen Expertengremium der UNO (IPCC = International Panel on Climate Change) in ihrer 3. “Wissenschaftlichen Einschätzung des Klimawandels” abgegebene Prognose geht sogar von einer Temperaturerhöhung von bis zu 5,8°C in diesem Zeitraum aus (z.B. Süddeutsche Zeitung vom 23.01.2001, DIE ZEIT vom 25.1.2001). Dort heißt es auch: “Es gibt neue und stärkere Belege dafür, dass die beobachtete Erwärmung der letzten 50 Jahre zum Großteil auf menschliche Aktivi­täten zurückzuführen ist.” (zitiert nach: DIE ZEIT vom 25.1.2001)

 

Zu 3.:

Es ist weitgehend bekannt, dass die im Klimaschutzprotokoll von Kioto beschlosse­nen Re­duk­tionsziele für die 6 dort namentlich benannten Treibhausgase nicht ausrei­chen, um ei­nen anthropogenen Treibhauseffekt zu vermeiden (DER RAT VON SACHVERSTÄNDIGEN FÜR UMWELTFRAGEN). Hierbei handelt es sich um einen politischen Kompromiss, der ein Zwischenziel für den Zeitraum 2008 - 2012 darstellt. Aber nicht einmal dieses Zwischenziel scheint derzeit ohne erhebliche Anstrengun­gen erreichbar zu sein (MÜNCHENER RÜCK­VERSICHERUNGSGESELLSCHAFT 2000).

Eine grundlegende Herleitung und Abschätzung des umfangreichen Hand­lungsbe­darfs hat die Enquete-Kommission “Vorsorge zum Schutz der Erdatmo­sphäre” des Deutschen Bundestages erarbeitet. Diese Arbeit hat international viel Anerkennung gefunden und liegt beispielsweise der Selbstverpflichtung der Bundes­regierung zu Grunde, den CO2-Ausstoß Deutschlands bis zum Jahr 2005 um mindestens 25% zu reduzieren.

Die zu erwartenden schnellen Temperaturänderungen wird ein Großteil der heute lebenden Tier- und Pflanzenarten voraussichtlich nicht überleben. Die unbelastete Vegetation kann vermutlich einer Temperaturerhöhung von 0,1°C pro Jahrzehnt ge­rade noch folgen; eine vor­geschädigte Vegetation – erinnert sei hier nur an die jährli­chen Wald­schadensberichte - ist auch damit bereits überfordert (ENQUETE-KOMMISSION, S. 39 f.). Dr. Latif hat in seinem Vortrag darauf hingewiesen, dass sich die Durchschnittstemperaturen auf der Erde noch nie so schnell geändert haben wie dies derzeit der Fall ist.

Auch die Lebensbedingungen für die Menschen haben sich durch die Veränderun­gen der letzten Jahrzehnte bereits deutlich verschlechtert (MÜN­CHENER RÜCK­VERSICHE­RUNGS­GESELLSCHAFT 1999). Eine detaillierte Analyse der großen Naturka­tastrophen der zurück liegenden 15 Jahre hat ergeben (MÜN­CHENER RÜCK­VERSICHE­RUNGSGESELL­SCHAFT 2000):

§         die (am Pro-Kopf-Einkommen gemessen) reichsten Länder der Welt werden am häufigs­ten von Naturkatastrophen betroffen;

§         die ärmsten Länder der Welt tragen die Hauptlast der auf Naturkatastrophen zu­rück zu führenden Todesopfer – 380.000 Menschen (65% von 587.000 To­desopfern) sind dort seit 1985 insbesondere durch Stürme und daraus resul­tierende Sturmfluten sowie Überschwemmungen ums Leben gekommen, während es in den reichsten Ländern nur 4% waren;

§         die volkswirtschaftlichen Schäden sind in den reichsten Ländern nominal be­trach­tet am höchsten (564 von insgesamt 980 Mrd. US$), relativ zu den ge­samten volkswirt­schaftlichen Aktivitäten werden jedoch die ärmsten Länder mehr als 5-fach stärker ge­troffen (13,3% des BIP im Vergleich zu “nur” 2,5% des BIP; BIP = Bruttoinlandspro­dukt).

Vor diesem Hintergrund kommt die ENQUETE-KOMMISSION zu dem Schluss, dass der zusätzliche, auf den Menschen zurückzuführende Effekt des Klimawandels eine  Gefahr kaum vorstellbaren Ausmaßes darstellt (S. 137). Der Leiter des Umweltpro­gramms der UNO (UNEP), Prof. Dr. Klaus Töpfer, kommentierte die neueste IPCC-Studie mit dem Fazit, dass nach diesen Prognosen “in jeder Hauptstadt und in allen Kommunen die Alarmglocken läu­ten” sollten (z.B. Süddeutsche Zeitung vom 23.01.2001).

 

Quellen:

§         DER RAT VON SACHVERSTÄNDIGEN FÜR UMWELTFRAGEN – 1998 – Um­welt­gutach­ten 1998. – 387 S., Stuttgart.

§         ENQUETE-KOMMISSION "VORSORGE ZUM SCHUTZ DER ERDATMO­SPHÄRE" DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES (Hrsg.) - 1991 - Schutz der Erde. Eine Bestands­aufnahme mit Vorschlägen zu einer neuen Energiepolitik. - Teil­bände I + II, 686 + 1010 S., Bonn, Karlsruhe.

§         LOZÁN, J.L.; GRASSL, H.; HUPFER, P. (Hrsg.) – 1998 – Warnsignal Klima. Wis­sen­schaftliche Fakten. – 463 s., Hamburg.

§         MÜNCHENER RÜCKVERSICHERUNGSGESELLSCHAFT (Hrsg.) – 1999 - topics 2000. Naturkatastrophen – Stand der Dinge. – 126 S., München.

§         MÜNCHENER RÜCKVERSICHERUNGSGESELLSCHAFT (Hrsg.) – 2000 – topics. Jahresrückblick Naturkatastrophen 1999. – 7. Jahrgang, 46 S., München.

§         UBA = UMWELTBUNDESAMT (Hrsg.) – o.J. – Klimaänderung: Ein wissenschaftli­cher Popanz? Sechzehn Streitpunkte auf dem Prüfstand. – 30 S., Berlin.

 

 

Herr Dr. Weinhold stellt folgende Anfrage:

 

“Die gegebene Antwort mit der Formulierung “.....der menschliche Anteil am gesamten Treibhauseffekt sei- natürlicherweise – gering.” ist nicht ausreichend. Als Anlage zur Frage wurde zwei Quellen beigelegt, die eine zahlenmäßige Angaben machen. Eine davon ist das Wuppertal-Institut, das den menschlichen Anteil am CO2 mit 3% bis 4% am Gesamt-CO2 angibt. Die andere Quelle nennt einen menschlichen Anteil von 0,5% bis 1,5% am gesamten Treibhauseffekt.

Die CDU-Fraktion bittet um genauere Beantwortung. Gegebenfalls reicht die Bestätigung der Quellen aus.”

 

Herr Brüning antwortet darauf direkt, dass das Umweltamt davon ausgeht, dass die genannten Quellen Korrekte wissenschaftliche Beurteilungen abgegeben haben. Eine Bewertung der Aussagen wird daher nicht erfolgen.

 

Protokollauszug:

 

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