Sitzung: 03.09.2001 Hauptausschuss
Beschluss: noch nicht festgelegt
Abstimmung: JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
Vorlage: M01/0418
Die
in der Sitzung des Hauptausschusses am 16.07.2001 gestellten Fragen werden wie
folgt beantwortet:
1. Wie steht die
Geschäftsleitung der Stadtwerke zu dem Gutachten?
Das Meinungsbild der Stadtwerke soll
deutlich werden.
Bereits in der Vorlage zur Sitzung am 16.07.2001 ist die Haltung der Stadtwerke
dargestellt worden: “Die Ergebnisse des Gutachtens wurden mit der Werkleitung
der Stadtwerke erörtert; die hierin enthaltenen Vorschläge werden von der
Werkleitung unterstützt.”
Die Werkleitung steht in der Sitzung für eventuelle Fragen zur Verfügung.
2.
Welche Erfahrungen wurden bisher in Bezug auf Umwandlungen der Rechtsform
gesammelt (vorher-nachher)?
Wie
bereits in der Sitzung am 16.07. erläutert, ist ein zahlenmäßiger Vergleich
wenig aussagekräftig, da, unabhängig von der Rechtsformänderung, sehr viele
Einflussfaktoren (allgemeine Konjunkturentwicklung, Veränderungen der
Marktsituation, Preissituation, individuelle Gründe) das Ergebnis prägen;
darüber hinaus sind Erfahrungen anderer Werke, bei denen eine
Rechtsformänderung erfolgt ist, nicht auf Norderstedt übertragbar, weil die
Gründe bzw. Ziele der Rechtsformänderung, die Rahmenbedingungen und die
Marktposition der einzelnen Stadtwerke zu unterschiedlich sind.
3.
Welche Vor- und Nachteile haben strategische Partnerschaften bei GmbH und AG?
Wie bereits in der Berichtsvorlage für die Sitzung am 16.07.2001 erläutert,
geht es bei der Option einer strategischen Partnerschaft nicht vorrangig um die
mögliche Veräußerung von Gesellschaftsanteilen, sondern eher um die
gesellschaftsrechtliche Verzahnung mit Marktpartnern im beiderseitigen
Interesse.
Die wesentlichen Vorteile der Stadtwerke bei einer solchen Partnerschaft sind:
3.1. Langfristige Absicherung der Zusammenarbeit:
Eine Kooperation ist sicher auch ohne gesellschaftsrechtliche Verzahnung (z. B.
durch Austausch von Gesellschaftsanteilen) möglich, sei es im Wege von
Kooperationsvereinbarungen, Einzelverträgen oder Gründung gemeinsamer
Tochtergesellschaften (Beispiel EEG).
Jedoch kann eine im beiderseitigen Interesse liegende möglichst umfassenden
Zusammenarbeit am zuverlässigsten über
eine Kapitalbeteiligung langfristig abgesichert werden; hierdurch liegt der
Erfolg des Partners zum eigenen Interesse (über den Gewinnanteil).
3.2. Stärkung der Position gegenüber den übrigen Mitbewerbern im
liberalisierten Markt:
Durch eine solche strategische Partnerschaft wird die Position beider
Unternehmen gegenüber den Mitbewerbern gestärkt. Betrachtet man den Erfolg der
Unternehmen anhand des Verhältnisses von eingesetztem Kapital und Gewinn
(Eigenkapitalverzinsung) so ist der Erfolg einer strategischen Partnerschaft
darin zu sehen, dass sich für beide Partner hierbei eine Verbesserung ergibt.
Anders ausgedrückt ist das Ergebnis der Partnerschaft mehr als die aufgeteilte
Summe beider Partner.
Dieser
Erfolg kann u. a. durch
-
den
gemeinsamen Ausbau von Netz und Vertrieb zur Dienstleistungsplattform mit
(gemeinsam größerem) Wachstumspotential,
-
die
gemeinsame Erschließung neuer Geschäftsfelder mit der Möglichkeit einer
“Arbeitsteilung” im Sinne einer Mandatsvergabe für die Behandlung neuer Themen
und einer Aufteilung der eventuell hohen Anfangsinvestitionen,
-
den
Austausch von Know-how und damit durch Synergieeffekte
erreicht werden.
Dieses
Vorteile einer strategischen Partnerschaft bestehen auch für einen möglichen
Partner, beispielsweise einen überregionalen Anbieter wie die Schleswag als
Unternehmen der E.ON – Energie – Gruppe.
Hier
sind insbesondere
-
die
Erschließung neuer Geschäftsfelder durch Mandatsvergabe an die Partner,
-
der
partnerschaftliche Ausbau von Netz und Vertrieb
-
die
Kundennähe des Partners Stadtwerke
zu
nennen.
Bereits bestehende Partnerschaften zwischen Stadtwerken und überregionalen
Anbietern zeigen, dass hierbei Wachstum und Erhalt von Kultur und
Eigenständigkeit des “kleinen” Partners Stadtwerke durchaus im Interesse des
“großen” Partners liegt.
Insofern wird durch eine strategische Partnerschaft
-
die
Existenz und Eigenständigkeit der Stadtwerke nicht aufgegeben oder
eingeschränkt, sondern gestärkt und
-
die
Arbeitsplätze bei den Stadtwerken nicht gefährdet, sondern durch die Sicherung
des Marktanteils und die besseren Möglichkeiten zur Erschließung neuer
Geschäftsfelder langfristig gesichert.
4.
Wirtschaftliche Bewertung der Modelle
Für eine wirtschaftliche Bewertung der in Betracht kommenden Rechtsformen (AG
und GmbH im Vergleich zum jetzigen Status Eigenbetrieb) sind folgende Kriterien
relevant:
4.1. Umwandlungskosten:
Wie bereits im Gutachten dargelegt fallen rechtsformunabhängig einmalige
Aufwendungen für die Grunderwerbsteuer, für Berater, Notariatsgebühren und
Eintragungsgebühren für das Handelsregister an.
Die
genaue Höhe der Kosten lässt sich erst nach Festlegung und Bewertung des in die
Gesellschaft einzubringenden Vermögens ermitteln; es wird mit Gesamtkosten von
1,6 – 1,9 Mio. DM gerechnet.
4.2.
steuerliche Auswirkungen:
-
Grunderwerbsteuer: s. Ziff. 4.1 |
|
-
Ertragssteuern durch Aufdeckung stiller Reserven: fallen bei GmbH und
AG nicht an |
|
-
Vorteile aus steuerlichem Querverbund: bleiben vollständig erhalten |
|
-
laufende Ertragssteuern: keine Veränderung |
|
-
Umsatzsteuer: |
Durch die reine Rechtsformänderung ergeben sich
konkret keine Veränderungen; diese ergeben sich nur bei Übernahme
hoheitlicher Tätigkeiten (dann steuerpflichtig) oder weitere Aufgabenbereiche
wie z. B. Abwasser, Abfallentsorgung (dann Vorteile durch Vorsteuerabzug) |
4.3.
Vorteile Auftragsvergaben
Sowohl bei der Rechtsform GmbH als auch bei der AG ist von einer
Kostenersparnis gegenüber der jetzigen Rechtsform im Bereich der
Auftragsvergaben zu rechnen. In der Vorlage der Werkleitung für den Ausschuss
für Finanzen, Werke und Wirtschaft am 22.03.2000 war hierzu ausgeführt:
”Als
Eigenbetrieb sind die Stadtwerke nach dem schleswig-holsteinischen
Mittelstandsförderungsgesetz verpflichtet, ihre Auftragsvergaben nach den
Vorschriften von VOB und VOL durchzuführen. Der in einer Submission nach VOB
und VOL ermittelte Preis ist der endgültige Einkaufspreis, der nicht mehr durch
Verhandlungen beeinflusst werden darf. Die Energieversorgungsunternehmen kaufen
jedoch überwiegend technische und informationstechnische Produkte ein, die
zurzeit infolge schnellen technologischen Wandels und neuer Anforderungen durch
die Liberalisierung (z. B. Zähl- und Messgeräte, EDV-Programme) starken
Marktpreisschwankungen unterworfen sind. So können in einer Submission
ermittelte Preise bereits nach wenigen Wochen stark fallen, ohne dass es den
Stadtwerken erlaubt ist, diese Entwicklung in Nachverhandlungen zu würdigen.
Bei
einer Kapitalgesellschaft soll die Stadt, sofern sie über die Mehrheit der
Gesellschaftsanteile verfügt, nach dem Mittelstandsförderungsgesetz darauf
hinwirken, dass VOB und VOL angewendet werden. Der Werkleitung ist jedoch weder
ein privatrechtlich geführtes Landesunternehmen noch ein als
Kapitalgesellschaft geführtes Energieversorgungsunternehmen in
Schleswig-Holstein bekannt, das – insbesondere in Bezug auf die nicht erlaubten
Nachverhandlungen – VOB und VOL anwendet. Vielmehr wurde in Gesprächen mit
Verantwortlichen häufig bestätigt, dass dort die Möglichkeit von
Nachverhandlungen bei ansonsten durchaus nach den Vorschriften von VOB und VOL
gestalteten Auftragsvergaben ein Grund für die Umwandlung der Unternehmen in
eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft gewesen ist.”
Naturgemäß
lässt sich die Höhe des sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteils nicht
ermitteln; auch eine konkrete Schätzung eines Betrages ist unseriös. In der
Branche geht man jedoch von einem Einsparpotential von 15 – 25 % der
Auftragssummen aus.
Insofern
ist dieser Gesichtspunkt bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit entscheidend.
Es ergibt sich hieraus zumindest ein dauerhafter wirtschaftlicher Vorteil in
einer Größenordnung, der die Einmalkosten der Umgründung rechtfertigt.
4.4.
Veränderungen beim Personalaufwand
Durch die Umwandlung ergeben sich kein nennenswerten zusätzlicher
Arbeitsaufwand und damit kein erhöhter Personalaufwand; im Übrigen wird auf
Ziff. 6 hingewiesen.
4.5. wirtschaftliche Auswirkungen bei strategischer Partnerschaft
Die Vorteile einer strategischen Partnerschaft sind bereits oben ausgeführt.
Die wirtschaftliche Bewertung einer solchen Partnerschaft kann erst zum
Zeitpunkt einer solchen Entscheidung dargestellt werden.
Der Vorteil der jetzt zur Entscheidung anstehenden Rechtsformumwandlung besteht
darin, die notwendige Voraussetzung für eine solche Partnerschaft, mit den anzustrebenden
erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen, zu schaffen.
4.6. Kundenbindung durch Bürgerbeteiligung
Der wirtschaftliche Vorteil einer Bürgerbeteiligung (nur bei der Rechtsform AG
möglich) ergibt sich aus der dadurch zu erreichenden Kundenbindung. Auch hierzu
ist eine seriöse Schätzung, zumindest ohne erheblichen Kostenaufwand, nicht
möglich.
4.7. Mitarbeiterbindung und
–motivation durch Mitarbeiterbeteiligung
Wichtigstes
“Kapital” des Unternehmens Stadtwerke sind hochqualifizierte und motivierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insbesondere im Bereich von Zukunftsmärkten
(z. B. Telekommunikation) wird es immer schwieriger, dieses Personal zu
gewinnen und im Interesse des Erfolges des Unternehmens zu halten.
Dieses
kann bei der Rechtsform der AG u. a. durch Beteiligung der Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen am Unternehmen (durch “Mitarbeiteraktien”) erreicht
werden.
5.
Gibt es Beispiele für die “Kundenbindung” bei anderen Gemeinden
Beispiele für die Kundenbindung durch Beteiligung der Kunden am “Unternehmen
Stadtwerke” (durch “Kundenaktien”) sind nicht bekannt; insofern wäre
Norderstedt hier erneut “eine Idee voraus”.
6.
Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen
Hinsichtlich
der Rechtslage für die MitarbeiterInnen bei einer Umwandlung der Stadtwerke von
einem Eigenbetrieb in eine GmbH bzw. AG ist ein Vermerk des Rechtsamtes als
Anlage 1 beigefügt.
Zusammenfassend
ergibt sich Folgendes:
|
·
Die Entscheidung zur Umwandlung ist nicht mitbestimmungspflichtig. |
|
|
·
Alle Arbeitsverhältnisse gehen in ihrer jetzigen Form und dem
jetzigen Inhalt und somit ohne
Verschlechterungen für die MitarbeiterInnen auf die GmbH bzw. die AG über. |
|
|
·
Die Wahrung der Interessen der MitarbeiterInnen bezüglich der Auswirkungen
der Rechtsformänderung erfolgt durch den Personalrat im Rahmen des
Abschlusses eines Überleitungsvertrages. |
|
|
·
Durch die Rechtsformänderung ergeben sich keine Nachteile für die
MitarbeiterInnen, insbesondere im
Hinblick auf |
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o die Höhe der Vergütungen /
Löhne |
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|
o alle Nebenleistungen |
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|
o Zeiten der zurückgelegten
Betriebszugehörigkeit |
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o Zusatzversorgungsansprüche
VBL |
|
·
Bei der Rechtsform AG besteht die Möglichkeit, die MitarbeiterInnen
zu beteiligen durch |
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o Mitarbeiteraktien |
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|
o Arbeitnehmervertretung im
Aufsichtsrat. |
|
·
Bei Gründung der Gesellschaft kann festgelegt werden, dass dieses der
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) beitritt. Damit gilt
dann der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V). |
7. Überleitungsverträge
vorlegen:
Der
Überleitungsvertrag kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgelegt werden, da
dieser erst nach der Grundsatzentscheidung mit dem Personalrat der Stadtwerke
ausgehandelt werden muss.
Zur Information über den möglichen Inhalt eines solchen Überleitungsvertrages
ist der bei der Rechtsformänderung des Altersheims abgeschlossenen
Überleitungsvertrag als Anlage 2 beigefügt.
Darüber
hinaus ist auch der unter Ziff. 6 erwähnte Tarifvertrag Versorgungsbetriebe
(TV-V) als Anlage 3 beigefügt.
Herr
Lange fragt nach, ob sich hinsichtlich der Zusatzversorgungsansprüche in der
VBL eine Problematik ergibt, wenn die Stadt Norderstedt nicht mehr die vollen
100 % Gesellschafts-anteile hat.
Herr
Schröder vom Rechtsamt antwortet, dass sich keine Problematik ergibt, solange
eine Mehrheit der Gesellschaftsanteile auf kommunaler Ebene besteht.
Herr
Kühl bittet die Unterlagen M 01/0392 und M 01/0418 auch dem Ausschuss für
Finanzen, Werke und Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. (Die Unterlagen wurden
mit der Einladung zur Sitzung am 12.09.01 für den Ausschuss für Finanzen, Werke
und Wirtschaft zugestellt.)
Herr
Paustenbach fragt nach dem Zeitplan der Stadtwerke; bis zu welchem Zeitpunkt,
muss welche Entscheidung gefallen sein.
Protokollauszug:
Amt 81