Sitzung: 23.05.2002 Sozialausschuss
Beschluss: noch nicht festgelegt
Abstimmung: JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
Vorlage: M02/0254
Eine Einschätzung, in welchem Umfang künftig öffentlich
geförderter Wohnungsbau in Norderstedt erforderlich sein wird, ist sehr
schwierig. Eine verläßliche Prognose kann nicht abgegeben werden, weil anhand
einiger Indikatoren lediglich eine Beobachtung des Wohnungsmarktes möglich ist.
Diese Indikatoren sind für die Vergangenheit bekannt, wie sie sich jedoch
künftig genau entwickeln werden, vermag heute niemand einzuschätzen.
Es kann daher nur die Frage dahingehend beantwortet
werden, ob auch zukünftig öffentlich geförderter Wohnungsbau erfolgen sollte.
Zunächst war einmal festzustellen, wie groß der
Bestand an geförderten Wohnungen überhaupt ist. Hierbei muß eine
Differenzierung erfolgen, da die Wohnungen in unterschiedlichen Förderwegen
errichtet wurden. Dies bedeutet zum einen Unterschiede für den berechtigten
Personenkreis hinsichtlich der Einkommensverhältnisse sowie in der Höhe der
Mieten.
Der
Bestand stellt sich zum 31.12.2001 wie folgt dar:
I. Förderweg |
2.316 WE |
II. Förderweg |
234 WE |
III. Förderweg |
331 WE |
Bestand gesamt |
2.881 WE |
Schwierigkeiten bereitete nach wie vor die Ermittlung
des Altbestandes (Ende der 60er/Anfang der 70er gefördert) wegen teilweise
fehlender Unterlagen. Aufgrund von Informationen, die durch die I-Bank zur
Verfügung gestellt wurden, konnte dieser fast genau ermittelt werden. Die seit
Anfang der 80er Jahre geförderten Wohnungen (Neubestand) konnten jedoch
vollständig ermittelt werden.
Die
unterschiedlichen Förderwege bedeuten hinsichtlich der Belegung mit den
berechtigten Personenkreisen folgendes:
I.
Förderweg |
Klassischer
Sozialer Wohnungsbau |
§-5-Schein
erforderlich |
II.
Förderweg |
Steuerbegünstigte
Wohnungen |
Einkommensgrenze
des § 5 Schein darf um 60 % überschritten werden |
III.
Förderweg |
Förderung
aus dem Sonderprogramm für Regionen mit erhöhter Wohnungsnachfrage (ab
1992) |
Einkommensgrenze
des § 5 Schein darf um 40 % überschritten werden |
Die
Mieten im II. und III. Förderweg liegen höher als im I. Förderweg, teilweise
schon vergleichbar mit dem Norderstedter Mietenspiegel für freifinanzierten
Wohnraum.
Ein Objekt im B-202 mit 68 Wohnungen wurde in der seit
1997 geltenden vereinbarten Förderung gefördert. Hier dürfen die
Einkommensgrenzen des §-5-Scheins um 10 % überschritten werden. Die
Zweckbindung für diese Wohnungen entfällt im Jahr 2026. Zum Zwecke einer
einfacheren Darstellung wurden diese Wohnungen dem Bestand des reinen sozialen
Wohnungsbaus zugeordnet.
Aufgrund planmäßiger Tilgung oder auch vorzeitig
zurückgezahlter Darlehen wird sich der Altbestand auch in den nächsten Jahren
verringern, bis zum Jahr 2011 um 563 WE (Abschmelzungsprozess). Die meisten Wohnungen werden bis zum Jahr
2006 (465 WE) aus der Zweckbindung fallen. Der Altbestand wird sich dann von
derzeit 1034 WE auf 471 im Jahre 2011 verringern.
Seit Anfang der 80er Jahre wurden insgesamt 1847 WE
hauptsächlich in Norderstedt-Mitte sowie zuletzt im B-202 errichtet. Durch die
Laufzeit der gewährten Landesdarlehen enden die Mietpreis- und
Belegungsbindungen zum größten Teil erst zwischen 2063 und 2083. Bei 29
Objekten (von insgesamt 38) erfolgte eine Mitfinanzierung durch die Stadt
Norderstedt. Diese Darlehensverträge sehen eine geringere Laufzeit vor (Nur bei
zwei Objekten wurde eine Laufzeit analog des Landesdarlehens vereinbart). Bei
älteren Verträgen 31 Jahre (Aufwendungsbeihilfe), später wurde eine Laufzeit
von 20 Jahren vereinbart, wobei dann die Darlehen in einer Summe an die Stadt
Norderstedt zurückzuzahlen sind. Dies wird sich auf die Dauer der Zweckbindung
nicht auswirken. Da in den Verträgen zwischen Stadt und Wohnungsunternehmen
aber vereinbart wurde, dass die Belegung im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt,
verliert die Stadt hier ihre Einflussmöglichkeit auf die Vergabe der Wohnungen.
Die Bescheide über die Landesdarlehen sehen in der Regel eine Beteiligung der
Stadt nur bei der Erstvermietung vor. Zwischen den Jahren 2013 und 2020 sind
die Restsummen an die Stadt Norderstedt zurückzuzahlen. (Für ein Objekt -
Aussiedler - wurde eine Laufzeit von nur 10 Jahren vereinbart, hier wird die
Restsumme bereits 2002 fällig)
Auch wenn durch die Laufzeit der Landesdarlehen die
Zweckbindung der meisten dieser Wohnungen noch weit über das Jahr 2050 gelten
wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich diese auch verkürzt. Dies
kann zum einen durch eine vorzeitige Ablösung der Darlehen erfolgen. Für die
Dauer von 10 Jahren nach der Rückzahlung des Darlehens würde die Zweckbindung
noch gelten. Zum anderen ist nicht ausgeschlossen, dass wie bereits in den
Jahren 1968, 1975, 1982, 1993 geschehen, eine gesetzliche Zinsanhebung erfolgt.
Diese würde zu einer Erhöhung der Tilgung (progressive Tilgung) und somit zu
einer früheren Entschuldung der Darlehensnehmer führen. Die Laufzeiten der
Darlehen könnten sich um bis zu 50 Jahre verringern, d. .h in den Jahren 2013 bis 2033 wäre eine weitere Abschmelzung des geförderten
Wohnungsbestandes möglich. Da der Zeitpunkt einer neuerlichen Zinsanhebung noch
nicht feststeht, ist in den nachfolgenden Diagrammen nur der Ablauf der
Zweckbindungen bis 2011 dargestellt.
In diesem Diagramm ist die Anzahl der Wohnungen, bei
denen die Zweckbindung bis zum Jahr 2011 ausläuft (Abschmelzung) sowie die
daraus resultierende Verringerung des gesamten geförderten Wohnungsbestandes
(Bestand) dargestellt:
Im
folgenden Diagramm ist die Abschmelzung im Verhältnis zum dann verringernden
Bestand des reinen sozialen Wohnungsbaus dargestellt:
Im
folgenden Diagramm ist die Abschmelzung im Verhältnis zum dann verringernden
Bestand des Altbestandes (vor 1980) des sozialen Wohnungsbaus dargestellt:
Dieses Diagramm zeigt, dass sich ohne die seit den
80er Jahren in Norderstedt-Mitte sowie B-202 geförderten Objekte der Bestand
bereits bis zum Jahr 2006 erheblich reduzieren würde.
Landesweit waren seit 1995 Entspannungstendenzen auf
dem Wohnungsmarkt erkennbar. In einigen Kommunen war ein zunehmender Leerstand
zu verzeichnen. Die landesdurchschnittliche Leerstandsquote ist aber von 2,7 %
im Jahr 1999 auf 2,2 % im Jahr 2000 gesunken. Dies und andere Indikatoren
zeigen nun wieder landesweit eine Entwicklung, die Ähnlichkeit mit derjenigen
Mitte der 80er Jahre aufweist, als eine weitgehende Marktanspannung eingeleitet
wurde.
Die Entspannungstendenzen waren auch zum Teil in
Norderstedt spürbar. Als ein Indikator hierfür kann der Norderstedter
Mietenspiegel genannt werden, der in den vergangenen Jahren bei einigen
Preissegmenten, insbesondere in den neueren Baualtersklassen, niedrigere Werte
enthielt. Im vergangenen Jahr war aber bei den älteren Baualtersklassen wieder
ein Anstieg zu bemerken.
Desweiteren registrierten die Wohnungsunternehmen eine
höhere Auszugsquote aus dem geförderten in den freifinanzierten Bestand bzw.
einen Wechsel zum Eigentum.
Leerstände von gefördertem Wohnraum, wie z. B. in den
kreisfreien Städten, waren aber in Norderstedt bisher nicht zu verzeichnen.
Dies hängt sicherlich mit der Randlage zu Hamburg sowie dem Bevölkerungszuwachs
der letzten Jahre zusammen.
Weitere Indikatoren für eine Entspannung auf
dem Norderstedter Wohnungsmarkt sind die tendenziell gleichgebliebenen Zahlen
der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine sowie der Haushalte, die sich bei
der Stadt Norderstedt als wohnungssuchend registrieren lassen.
Dies bedeutet aber nicht, dass es in Norderstedt keine
Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum mehr gibt. Die Versorgung mit solchem
Wohnraum kann günstigenfalls als gerade ausreichend bezeichnet werden. 933
ausgestellte Wohnberechtigungsscheine sowie davon 301 als wohnungssuchend
registrierte Haushalte belegen auch, dass noch weiterer Bedarf an
preisgünstigem Wohnraum besteht. 122 Haushalte lebten am 31.12.01 in den
städtischen Notunterkünften.
Wie sich der Wohnungsmarkt in den nächsten Jahren
entwickeln wird, vermag zum jetzigen Zeitpunkt niemand zu sagen. Wenn der
Mietenspiegel 2002 ausgewertet ist, könnte zumindestens eine Aussage zur
weiteren Entwicklung der Mietwerte getroffen werden.
Hinsichtlich
der künftigen Bevölkerungsentwicklung liegen natürlich keine gesicherten Zahlen
für die Zukunft vor. Für das Stadtentwicklungsprogramm 2010 geht man von einem
Zuwachs in einer Größenordnung von 9.000 Einwohnern aus (s.
Stadtentwicklungskonzept), für den FNP von 80.000 Einwohnern bis zum Jahr 2020.
Die bisherige Bevölkerungsentwicklung seit 1995 stellt sich wie folgt dar:
Dies
bedeutet einen Bevölkerungszuwachs von 2.818 Einwohnern seit 1995, im
Durchschnitt ca. 402 Einwohner pro Jahr. Generell ist in Schleswig-Holstein ein
Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen, der zum überwiegenden Teil durch
Zuwanderungen aus Hamburg und anderen Bundesländern verursacht wird. Er hat
sich aber gegenüber den Jahren zwischen 1989 und 1992 abgeschwächt. Das
Hamburger Umland steht zwar auch in den letzten Jahren an der Spitze des
Bevölkerungszuwachses. Im Jahr 2000 war dieser jedoch auch wie in allen anderen
Teilen Schleswig-Holsteins niedriger als zuvor. Das gilt natürlich auch für
Norderstedt. Legt man den Bevölkerungszuwachs seit 1995 zugrunde, wäre im Jahr
2011 mit ca. 78.000 Einwohnern zu rechnen.
Fazit:
Auf den ersten Blick
erscheint der Bestand an geförderten Wohnraum im Verhältnis zum abschmelzenden
Bestand bis zum Jahr 2011 in Norderstedt noch recht hoch. Auch scheint sich der
Bevölkerungszuwachs bis zum Jahr 2010 nicht ganz so zu entwickeln wie geplant.
Dies darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass sich sowohl Wohnungsmarkt
als auch Bevölkerungszuwachs in den nächsten Jahren wieder anders entwickeln
können. Auf Zeiten der Entspannung folgten bisher immer wieder Jahre mit einem
angespannten Wohnungsmarkt. Die rege Bautätigkeit in Norderstedt wird auch mehr
Zuwachs von außerhalb bedeuten. Ein nicht unwesentlicher Faktor ist ferner die
künftige wirtschaftliche Entwicklung. Verläuft sie in den nächsten Jahren
weiterhin so negativ wie bisher, ist mit einem Anstieg derjenigen Haushalte zu
rechnen, die sich die teureren Neubauten nicht mehr leisten können und
preisgünstigeren Wohnraum benötigen.
Auch ist zu berücksichtigen,
dass ab 2011 ein weiterer Abschmelzprozess im alten sozialen Wohnungsbestand
auf jeden Fall zu erwarten ist (Dieser könnte sich bis 2015 auf null reduziert
haben). Im neuen geförderten Wohnungsbestand könnte er ab 2013 einsetzen.
Es wäre falsch, sich erst
dann mit der Planung und Errichtung von gefördertem Wohnraum zu beschäftigen,
wenn ein Großteil der geförderten Wohnungen nicht mehr der Zweckbindung
unterliegt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass zwischen Planung und
Fertigstellung eines Objektes durchaus mehrere Jahre liegen. Richtiger ist es,
kontinuierlich, wenn auch nicht jährlich, den Bestand an gefördertem Wohnraum
wieder aufzufüllen.
Bis zum Jahr 2005 werden 174
WE, im Jahr 2006 noch mal 291 WE aus der Zweckbindung fallen, insgesamt 465
WE Das bedeutet, dass die Vermieter von
den Mietern die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen
Vergleichsmiete verlangen können. Dies Mieterhöhungsverlangen kann schon
während der Preisbindung ausgesprochen werden, die Mieterhöhung wird dann nach
Ablauf der Bindung wirksam. Die Miete darf sich aber innerhalb von drei Jahren
nicht um mehr als 20 % (Kappungsgrenze) erhöhen. Damit wird ein allmählicher
Anstieg auf die ortsübliche Vergleichsmiete bewirkt. Diese Kappungsgrenze ist
aber nicht auf Haushalte anzuwenden, die bisher Fehlbelegungsabgabe
entrichteten und die Erhöhung den Betrag der zuletzt entrichteten
Ausgleichszahlungen nicht übersteigt.
Durch diesen allmählichen
Anstieg der Miete ist nicht zu erwarten, dass gleich sämtliche Haushalte aus
den Wohnungen ausziehen und auf den Wohnungsmarkt drängen. Außerdem werden
aufgrund veränderter Einkommensverhältnisse seit Einzug in die Wohnungen mit
Sicherheit bereits einige MieterInnen zur Fehlbelegungsabgabe herangezogen und
auch weiterhin in den Wohnungen verbleiben. Viele Mieter werden dann vielleicht
Wohngeld beantragen, so dass hier mit einem Anstieg der Fallzahlen gerechnet
werden kann. Trotzdem wird eine Zunahme der wohnungssuchenden Haushalte zu
registrieren sein. Im welchem Masse dies eintreten wird, läßt sich zum jetzigen
Zeitpunkt nicht abschätzen. Dies ist auch abhängig von der Entwicklung der
Mieten.
Nach einer vorsichtigen
Einschätzung könnten die drei geplanten Objekte mit 120 WE bis Ende 2003/2004
fertiggestellt sein (sofern die Problematik der Grundstücksbewertung geklärt
ist). Durch die Belegung dieser Objekte sowie die Fluktuation im bereits
vorhandenen Bestand könnte der Wegfall der Zweckbindungen aufgefangen werden.
Aber auch danach sollte in
einem gewissen Umfang (z. B. bis 2007 evtl. weitere 40 bis 50 WE) geförderter
Wohnungsbau weiter betrieben werden, um den künftigen Abschmelzungsprozess zu
mildern. Es stellt sich dann aber auch die Frage, wo künftig geförderte
Wohnungen errichtet werden sollten. Zur Zeit konzentriert sich der geförderte
Wohnungsbau hauptsächlich in Norderstedt-Mitte, nur vereinzelt gibt es Objekte
in Friedrichsgabe (2 LEG, 2 Plambeck), Harksheide (Hochhäuser Falkenhorst,
B-202), Glashütte (BVE aber hauptsächlich Postwohnungen) und Garstedt (3 Plambeck).
Letztendlich müssen dann
auch noch die Investoren gefunden werden, die bereit sind öffentlich
geförderten Wohnungsbau zu betreiben. Ebenfalls eine grosse Rolle spielen
natürlich auch die finanziellen Möglichkeiten der Stadt Norderstedt.
Der
Ausschuss ist sich einig, das Thema ausführlich in der ersten Sitzung nach der
Sommerpause ( 22.08.02) in Form eines Besprechungspunktes zu behandeln.
Frau
Schön erinnert das Dezernat I an die Beantwortung Ihrer Anfrage im
Hauptausschuss vom 18.02.02.
Die
Mitteilungsvorlage wird zur Kenntnis genommen.
AUSZUG
: 502