Sitzung: 17.05.2000 Ausschuss für Umweltschutz
Beschluss: noch nicht festgelegt
Abstimmung: JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
Vorlage: M00/0154
I. Einleitung
Der Begriff der Gewässergüte ist als
Qualitätskriterium zu verstehen. Die Qualität eines Gewässers wird in Form
einer Zustandserfassung bzw. -bewertung dargestellt, wobei für die
Zustandsbeschreibung unterschiedliche Kriterien benutzt werden. Erste Ansätze
zur Gewässergütebestimmung für die Bereiche Bakteriologie und Biologie liegen
etwa 100 Jahre zurück. Die zunehmende Verschmutzung der Gewässer und die
Beeinträchtigung ihrer Selbstreinigungsleistung verliefen parallel zur
Urbanisierung und Industrialisierung sowie zu erheblichen wasserbaulichen
Eingriffen an zahlreichen Gewässern. Sie erforderten weitergehende
Untersuchungen des Gewässerzustandes. Zu den bereits erwähnten biologischen
Kriterien für die Gewässergüte kamen die chemischen Inhaltsstoffe (chemische
Güte) hinzu.
Bauliche Veränderungen des Flussbettes und der
Uferböschungen - wie z.B. Begradigungen
oder Verrohrungen - wurden an allen Norderstedter Fließgewässern vorgenommen
und führten zu einer gravierenden Einschränkung der natürlichen
Selbstreinigungskräfte. Naturnahe oder gar natürliche Gewässer existieren in
Norderstedt nicht mehr. In Teilbereichen wie z.B. der Tarpenbek wurde versucht,
durch entsprechende Rückbaumaßnahmen den Gewässerverlauf wieder naturnah zu
gestalten. Als objektive Skala zur Charakterisierung der “Natürlichkeit” bzw.
“Naturferne” eines Gewässers bietet sich der Natürlichkeitsgrad an. Mit
Hilfe geobotanischer Kriterien (Gewässerausbau und -bewuchs) können die
Natürlichkeitsstufen beschrieben werden. Sie heißen:
1.
natürlich
2.
naturnah
3.
bedingt naturnah, bedingt naturfern
4.
naturfern
5.
naturfremd.
Der Natürlichkeitsgrad ist ein Faktor, der einen
wesentlichen Einfluß auf den Gütezustand eines Gewässers hat. Weitere darauf Einfluss nehmende Faktoren
sind im Gewässer enthaltene chemische Verbindungen bzw. deren Konzentrationen -
ausgedrückt durch den chemischen Güteindex - und der Sauerstoffgehalt
des Wassers (Güteindex Sauerstoffhaushalt). Neben diesen beiden
letztgenannten Faktoren zur Zustandsbeschreibung von Fließgewässsern gibt es
auch noch biologische Verfahren, bei denen die An- bzw. Abwesenheit von
Kleinstlebewesen (Algen, Insekten, Fische) als Qualitätskriterium
berücksichtigt wird (biologischer Güteindex). Insgesamt existiert eine
Vielzahl biologischer und chemisch-physikalischer Verfahren zur
Gewässergütebestimmung. Als Grundlage für die Darstellung der Norderstedter
Gewässergütekarte wurde ausschließlich der chemische Güteindex
verwendet. Die Ermittlung des chemischen Indexes erfolgte in Anlehnung an das
in Schleswig-Holstein gebräuchliche Verfahren, wie es vom Landesamt für Wasserhaushalt
und Küsten (jetzt LANU) beschrieben wird (Quelle: Fließgewässerbewertung in
Schleswig-Holstein, Kiel 1995).
Erste Untersuchungen zur Gewässergüte wurden 1981
vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten für die Tarpenbek durchgeführt
(Gütelängsschnitt Tarpenbek -Kiel 1981). Es folgte im Februar 1986 das
Gutachten Tarpenbek-Ost des Büros
“Landschaft, Planen & Bauen”, das sich mit der biologischen Güte und
dem Gewässerausbau befasste sowie im gleichen Jahr ein weiterer Bericht
“Gütelängsschnitt Tarpenbek”. Die letzte Untersuchung stammt aus dem Jahr 1989
und trägt den Titel “Faunistisch-limnologische Untersuchungen Norderstedter
Fließgewässer” (Dr. Reusch/Holdenstedt).
II. Ermittlung des chemischen Gewässergüteindex
Der Zweck von Gewässergüteuntersuchungen besteht
darin, Daten über den Zustand der Gewässer zu erhalten, d.h. den Stoffhaushalt
und die anthropogenen Belastungen zu ermitteln. Diese Daten sind sowohl für
wasserbehördliche Maßnahmen als auch für planerische Vorhaben mit Auswirkungen auf
die Gewässer (Bebauung, Flächenversiegelung und Naturschutzmaßnahmen) von
Bedeutung.
Die vorliegende Gewässergütekarte bietet zum ersten
Mal eine zusammenhängende Darstellung der Gewässergüte sämtlicher Norderstedter
Fließgewässer. Die für die Bestimmung des chemischen Güteindexes erforderlichen
Daten wurden an insgesamt 56 Messstellen erhoben, die über alle
Norderstedter Fließgewässer verteilt sind. Durch die Auswahl der 56
Gütemesspunkte wurden die Fließgewässer in Abschnitte untergliedert, deren Ausdehnung
i.d.R. 200 - 500 m beträgt. (s. Berichtsvorlage Umweltauschuss Nr. M 99/0524
vom 28.10.1999).In Ausnahmefällen, z.B. bei erwiesener geringer Belastung oder
schlechter Zugänglichkeit des Gewässerabschnitts, wurden auch größere Abstände
(bis zu 1400 m) zwischen den Messstellen gewählt. Diese kleingliedrige
Aufteilung ermöglicht eine detailliertere Darstellung der Gewässergüte.
Nr. |
Gewässer |
Güte- Messstellen |
1 |
Moorbek |
12 |
2 |
Ossenmoorgraben |
6 |
3 |
Tarpenbek-Ost |
12 |
4 |
Trapenbek-West |
6 |
5 |
Tarpenbek |
11 |
6 |
Rugenwedelsau |
3 |
7 |
Scharpenmoorgraben |
3 |
8 |
Gronau |
1 |
9 |
RRB
Quickborner Straße |
2 |
å |
|
56 |
Nachfolgend
aufgeführte Parameter gehen in die Berechnung des Güteindexes (chemisch) ein:
1. Ammonium (separat und als Beitrag
zum Gesamtstickstoff)
2. Kjeldahl-Stickstoff (fließt ein in
Gesamtstickstoff)
3. Nitrat (fließt ein in
Gesamtstickstoff
4. Nitrit (fließt ein in Gesamtstickstoff)
5. Organischer Kohlenstoff (gemessen als CSB bzw.
TOC/DOC)
6. ortho-Phosphat
7. Gesamt-Phosphat
Die
Berechnung des Gewässergüteindexes chemisch [GI (chem)] für
Fließgewässer erfolgt mit Hilfe der nachfolgenden Formel:
GI (chem) = (I Ges. N + I
Ges. P + I NH4-N + I PO4-P+ I OC) : 5
I Ges. N = Index Gesamtstickstoff
I Ges. P =
Index Gesamt-Phosphor
I NH4-N = Index Ammonium-Stickstoff
I PO4-P = Index ortho-Phosphat-Phosphor
I OC = Index organischer Kohlenstoff
Stickstoff kommt in Gewässern gelöst als
anorganisches Ammonium, Nitrit und Nitrat vor. Daneben liegt gelöster oder
partikulär gebundener organischer Stickstoff vor (Kjeldahl-Stickstoff). Die
Summe der anorganischen und organischen Stickstoffverbindungen bezeichnet man
als Gesamt-Stickstoff. Phosphor liegt
als gelöstes, in der Form der Messung direkt zugängliches ortho-Phosphat und
als gelöster bzw. partikulär gebundener organischer Phosphor vor. Organisch
gebundener Phosphor (gelöst bzw. gebunden) kann nicht direkt bestimmt werden,
sondern muss durch einen Aufschluss in direkt messbares ortho-Phosphat
überführt werden. Die Summe aller Phosphor-Komponenten ist der Gesamt-Phosphor.
Organische Verbindungen bestehen im wesentlichen aus
Kohlenstoff und Wasserstoff. Sie sind in unterschiedlichen Mengen in den
Gewässern enthalten und werden unter Sauerstoffverbrauch abgebaut. Der zum
Abbau erforderliche Sauerstoff wird dem Gewässer entzogen und steht den
aquatischen Lebewesen nicht mehr zur Verfügung. Die organischen Verbindungen im
Gewässer werden als Index organischer Kohlenstoff erfasst. Die Bestimmung des
Gehaltes an organischem Kohlenstoff erfolgt wahlweise über die Messung als chemischer
Sauerstoffbedarf (CSB) oder als gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) bzw.
gelöster organischer Kohlenstoff (DOC). Im Umweltlabor wird der organische
Kohlenstoff als CSB bestimmt.
Von besonderer Bedeutung für das Gewässer ist der
Ammonium-Stickstoff. Zum einen aufgrund des hohen Bedarfs an Sauerstoff, der
für dessen Oxidation benötigt und dem Gewässer entzogen wird. 1 mg Ammonium-N
braucht zur vollständigen Oxidation zu Nitrat 4,57 mg Sauerstoff. Zum anderen
wegen des pH- und temperaturabhängigen Ammonium/Ammoniak-Gleichgewichtes. Bei
einer Wassertemperatur von 15-20 oC wirken bereits 0,01 mg/l
Ammoniak giftig auf Fische. Der Eintrag von Ammonium in Gewässer erfolgt
überwiegend durch Auswaschung von Böden sowie über den Luftpfad, hauptsächlich
durch Eintrag mit Niederschlägen. Eine wesentliche Quelle für den Eintrag über
den Luftpfad ist das in Gülle bzw. Jauche enthaltene Ammoniak.
Nitrate gelangen ebenfalls durch
Auswaschungsvorgänge aus dem Boden und über den Luftpfad (Verbrennung fossiler
Brennstoffe Þ Stickstoffoxide) in die Gewässer. Ursache für
Phosphatbelastungen von Gewässern sind vor allem Schmutzwassereinleitungen.
Das vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten
angewandte Verfahren zur Bestimmung des chemischen Gewässergüteindexes sieht
insgesamt 7 Güteklassen vor. Diesen Güteklassen werden in der grafischen
Darstellung unterschiedliche Farbtöne zugeordnet.
Güteklasse chemisch |
Farbton |
nicht
belastet bis gering belastet |
violett |
kaum
belastet |
hellblau |
mäßig
belastet |
dunkelgrün |
deutlich
belastet |
hellgrün |
stark
belastet |
gelb |
sehr
stark belastet |
orange |
außerordentlich
stark belastet |
rot |
III. Ergebnisse
Die Norderstedter Oberflächengewässer
(Fließgewässer) sind unterschiedlich stark belastet. Es lassen sich deutlich
räumliche Belastungsschwerpunkte bezüglich bestimmter Parameter erkennen.
Darauf wird bei den jeweiligen Gewässern eingegangen.
Gronau
Die Gronau ist von ihrem Ursprung bis in Höhe
des Regenrückhaltebeckens Quickborner Straße sehr gering bis nicht belastet.
Moorbek
Die Moorbek ist
in ihrem gesamten Verlauf kaum bis mäßig belastet. Zeitlich befristete erhöhte
Güteindexwerte treten lediglich an wenigen Einleitungsstellen auf und sind
Folge von erhöhten Einträgen nach Regenereignissen.
Ossenmoorgraben
Die
Schwankungsbreite der chemischen Güteindexwerte ist gering. Der Ossenmoorgraben
ist kaum bis mäßig belastet.
Rugenwedelsau
Die
Rugenwedelsau ist im Bereich zwischen der Einmündung des Scharpenmoorgrabens
bis zur Stadtgrenze (Wendloher Weg) kaum bis mäßig belastet.
Scharpenmoorgraben
Der
Scharpenmoorgraben (zwischen Friedrich-Hebbel-Straße und Einmündung in die
Rugenwedelsau) ist kaum belastet.
Tarpenbek
Die Tarpenbek weist – ebenso wie die Gronau –
eine insgesamt geringe Belastung auf. Der chemische Güteindex schwankt zwischen
sehr gering und kaum belastet. Lediglich im Bereich der vom Hamburger Stadtgebiet
ausgehenden Einleitungen in Höhe Rugenbarg/Tarpen führt die
Schmutzfrachtbelastung zu einer Verschlechterung des Gütindex (mäßig bis
deutlich belastet).
Tarpenbek-Ost
Die Tarpenbek-Ost ist in ihrem Verlauf zwischen
Glasmoorstraße und dem Zusammenfluß mit der Tarpenbek-West das insgesamt am
stärksten belastete Gewässer in Norderstedt. Insbesondere im Bereich der
Justizvollzugsanstalt Glasmoor ist das Gewässer stark bis sehr stark belastet.
Diese Belastung ist auf erhöhte Ammonium-, Phosphat- und CSB-Werte
zurückzuführen. Ursächlich dafür können landwirtschaftliche Einträge (Gülle,
Kunstdünger) oder aber Schmutzwassereinträge als Folge von Fehleinleitungen
sein. Eine Ursache für die in diesem Bereich erhöhten CSB-Werte ist sicherlich
auch der Huminsäuregehalt des Bodens (Moor).
Tarpenbek-West
Die Tarpenbek-West ist im gesamten Verlauf von
ihrem Ursprung (Harckesheyde) bis zum Zusammenfluss mit der Tarpenbek-Ost kaum
bis mäßig belastet. Auffällig sind lediglich leicht erhöhte Nitratwerte ab
Messstelle TW 19l (Höhe Krayenkamp). Die erhöhten Nitratwerte haben allerdings
nur einen sehr geringen (negativen) Einfluss auf den Gewässergüteindex.
Ein Vergleich der von uns ermittelten
Gewässergütewerte mit den in den oben erwähnten Gütelängsschnitten der
Tarpenbek (1981 und 1986) festgestellten Werten ist nur eingeschränkt möglich,
da in den genannten Berichten ein modifiziertes Bewertungssystem verwendet
wurde und zudem nur eine einmalige Probenahme erfolgt ist. Dennoch haben die
vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten durchgeführten Untersuchungen für
die Tarpenbek-Ost im Bereich der JVA Glasmoor vergleichbare Ergebnisse
bezüglich der Ammonium- und Phosphatbelastung ergeben. Auch für den Bereich der
Tarpenbek wurden vergleichbare Konzentrationen bezüglich der Parameter
Ammonium, Gesamt-Stickstoff und Phosphat gemessen.
Herr
Dr. Penshorn erläutert die Vorlage und die ausgehängte Gewässergütekarte.
Frau
Farnsteiner verlässt die Sitzung.
Herr
Dr. Penshorn beantwortet die Fragen der Ausschussmitglieder.
Herr
Prosch stellt folgende Anfrage an die Verwaltung:
“Die
Verwaltung wird gebeten, die Ursache der Belastung des Gewässers Tarpenbek Ost
im Bereich der JVA Glasmoor festzustellen.”
Frau
Hoyer stellt die neue Ozon-Broschüre des Umweltamtes vor. Sie wird an alle
Anwesenden verteilt.
Herr
Rudolph stellt folgende Anfrage:
“An
welcher Stelle soll zukünftig in Glashütte Laub angenommen werden ?”
Weiterhin
bittet er die Verwaltung darauf zu achten, dass auch Oberflächenwasser in die
Siele laufen und somit zu erhöhtem Fremdwasseranteil führen kann.
Protokollauszug:
Amt 69
Amt 70