Beschluss: Kenntnisnahme

Sachverhalt:

Bericht Bewässerung Jungbäume 2021

 

Bäume sind gerade an heißen Tagen in städtischen Siedlungsstrukturen enorm wichtig für das Klima in einer Stadt. Sie spenden Schatten und verdunsten über ihre Blätter Feuchtigkeit und tragen so ihren Teil zur Abkühlung einer Stadt bei. Daher profitiert die Bevölkerung von der Kühlung durch Verdunstung, Verschattung, reduzierter Aufheizung der Umgebung, Sauerstoffproduktion und der Staubfilterung: den Ökosystemdienstleistungen eines Baumes.

Wassermangel bedeutet Stress für Bäume. In letzter Konsequenz kann er zu Schädigungen oder zum Tod führen. Um diesem zu begegnen, haben Bäume verschiedene Anpassungsstrategien entwickelt, wie das Abwenden der Blattspreiten von der Sonneneinstrahlung bzw. ihr Einrollen und – als letzte mögliche Maßnahme vor Wasserverlust – das Abwerfen der Blätter. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, gibt der Baum Teile seiner Krone irreversibel auf – Zweige und Wurzeln sterben ab. Da durch diese Maßnahmen die Photosynthese und damit die Energiegewinnung reduziert wird, stehen Bäume in dem Dilemma zwischen verhungern und verdursten. Wassermangel bedeutet also immer auch einen Energieverlust und damit eine Schwächung der Bäume, wodurch sie anfälliger für Krankheitserreger werden und sich der Pflegeauswand erhöht.

Ziel der Baumpflege ist es, den Baumbestand durch Pflanzungen zu ergänzen und zu durchmischen. Dazu ist es notwendig, den gepflanzten Bäumen die zu ihrem Wachstum notwendigen Bedingungen zu schaffen. Dies ist solange notwendig, bis ein ausreichend weitverzweigtes Wurzelsystem ausgebildet werden konnte, dass es dem Baum erlaubt sich zuverlässig selbst zu versorgen.

Der Wasserbedarf eines Baumes hängt von diversen baum-, standort- und witterungsspezifischen Faktoren ab. Zu den baumspezifischen Faktoren zählen insbesondere die Art, das Alter, die Vitalität und nicht zuletzt der Zeitpunkt des Wachstums. In Untersuchungen u.a. der Baumarten Rot-Buche (Fagus sylvatica), Eiche (Quercus spp.), Rot-Fichte (Picea abies), konnte festgestellt werden, dass 95 % des Wachstums in drei bis vier Monaten im Frühjahr und Sommer stattfindet. Da Wasserverbrauch und Wachstum sich gegenseitig bedingen, ist dies auch die Zeit, in der die Bäume das meiste Wasser benötigen.

Für ein effektives Bewässerungsmanagement bedeutet dies, dass insbesondere zu Beginn der Wachstumsperiode (März bis Juni) auf ein ausreichendes Wasserangebot geachtet werden muss. Fehlt in dieser Phase Wasser, hat dies für die meisten Baumarten im Regelfall deutlich größere Auswirkungen auf Wachstum und Gesundheit der Bäume als später im Jahr auftretende Trockenheit.

Ein gutes Bewässerungsmanagement sollte daher auf der einen Seite Bäume vor übermäßigem Trockenstress bewahren, auf der anderen Seite muss mit den endlichen Ressourcen Wasser und Personal achtsam umgegangen werden. Um einer Schwächung der Bäume entgegenzuwirken, sollte schon gewässert werden, bevor physiologischer Trockenstress für Bäume einsetzt.

Grundvoraussetzung für eine effektive und ressourcenschonende Bewässerung von Stadtbäumen sind Kenntnisse über den Wasserbedarf der Bäume und die Menge des zur Verfügung stehenden Wassers. In der Vergangenheit wurden Wasserbedarf und Bodenfeuchtigkeit der Bäume mit Blick auf die Witterung der vergangenen Tage abgeschätzt.

Seit einigen Wochen stehen dem Betriebsamt Feuchtigkeitssensoren der Firma Plantobelly zur Dokumentation der Bodenfeuchte an sieben verschiedenen Standorten in Norderstedt zur Verfügung (siehe Abbildung 1). Diese Musterstandorte sollen Aufschluss über die Bewässerung ähnlicher Standorte im gleichen Gebiet geben.

Die Sensoren nutzten die durch die Stadtwerke Norderstedt bereitgestellte LoRa-Funktechnologie. Sie übermitteln die gemessenen Daten 2-mal täglich drahtlos an ein Internet-Portal. Dort können diese dann ausgewertet werden. Die Standorte mussten in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit des LoRa-Funknetzes gewählt werden. Dieses soll in Zukunft erweitert werden, so dass weitere Standorte in Betracht kommen. Der Sensor (siehe Abbildung 2) wurde in der Pflanzgrube etwa 40 cm tief vergraben und misst die Feuchtigkeit über die Kapazität, ohne Elektrolyse- oder Korrosionseffekte. Eine eingebaute Batterie versorgt den Sensor bis zu 10 Jahre lang mit der notwendigen Energie. Oberirdisch ist lediglich eine kleine unauffällige Antenne vorhanden. Dies schützt das System vor Vandalismus.

In einem ersten Schritt wurden an den sieben Standorten je ein Sensor zur Erprobung des Systems installiert. Sollte sich die Technik bewähren, werden die Muster-Standorte um weitere Sensoren ergänzt. Denn es ist zu bedenken, dass insbesondere Stadtböden vertikal und horizontal extrem inhomogen sein können. Diese Inhomogenität bewirkt eine große Streuung der Wasserverfügbarkeit an einem Standort. Auf Grundlage von einem Sensor pro Standort kann daher der Feuchtegrad nur sehr grob geschätzt werden. Erst durch die Bildung verlässlicher Mittelwerte kann der Bewässerungsbedarf sicher eingeschätzt werden. Je inhomogener oder weitläufiger der Standort ist, desto mehr Sensoren werden benötigt. An jedem Messpunkt sollten auch verschiedene Tiefenstufen betrachtet werden (z. B.20 cm, 50 cm, 80 cm). Die Lage der Sensoren sollte dabei individuell dem tatsächlich durchwurzelten Raum angepasst werden.

Besonders geeignet ist das oben beschriebene Vorgehen für die Bäume, die den größten Bewässerungsbedarf haben: die Jungbäume. Diese sind häufig in definierte Baumsubstrate gepflanzt und haben noch einen begrenzten, gut abschätzbaren Wurzelraum, wodurch die nutzbare Wasserspeicherkapazität im effektiven Wurzelraum relativ genau bestimmt werden kann. Daher werden durch das Betriebsamt lediglich Bäume gewässert, die nicht länger als 10 Jahre am Standort stehen. Nach dieser Zeit ist davon auszugehen, dass ein ausreichend großes Wurzelsystem ausgebildet wurde um den Baum zu versorgen.

Die weit überwiegende Mehrheit der vor weniger als drei Jahren gepflanzten Bäume befindet sich derzeit noch in der Obhut der Firmen, welche diese Bäume ursprünglich im Auftrag der Stadt Norderstedt (sog. Fertigstellungs- bzw. Entwicklungspflege) gepflanzt haben. Diese Bäume werden bis zur Übernahme durch das Betriebsamt von diesen Firmen gepflegt und dementsprechend auch gewässert.

Zusätzlich bewässert das Betriebsamt etwa 1.000 Baumstandorte. Hierbei werden zum einen mobile Tröpfchenbewässerungseinrichtungen (TreeGator) und zum anderen Gießwagensysteme (UniMog / Hansa) eingesetzt. Etwa 400 weitere Bäume werden durch eine beauftragte Firma des Garten- und Landschaftsbaus mit Wasser versorgt.

Insgesamt werden bei einem Gießdurchgang durchschnittlich etwa 170m³ Wasser im Wurzelbereich der betreuten 1.400 Bäume ausgebracht. Um die wertvolle Ressource Trinkwasser zu schonen, wurden in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Norderstedt verschiedene Herkunfts-Alternativen für Wasser geprüft: Da ausschließlich in Trockenperioden gewässert werden muss, entfällt die Möglichkeit Oberflächenwasser aus Regenrückhaltebecken zu entnehmen zusehends. Auch Rohwasser aus Trinkwasserbrunnen scheidet als Gießwasser aus. Die Hygienestandards verbieten die Entnahme mit der vorhandenen Technik - die Gefahr der einer Kontamination des Trinkwassers wäre zu groß.

Daher ist die derzeit einzig nutzbare Quelle das Trinkwassernetz der Stadtwerke Norderstedt. Dieses Wasser wird über das Hydrantennetz im Stadtgebiet entnommen. Die benötigte Wassermenge kann nach Auskunft der Stadtwerke aller Voraussicht nach problemlos bereitgestellt werden. Möglicherweise kann in Zukunft über planerische Ansätze wie z.B. die „Schwamm-Stadt“ dezentral Regenwasser gespeichert und zur Bewässerung zur Verfügung gestellt werden.

Ein häufiges Problem bei der Bewässerung von Bäumen ist, dass die Baumscheiben zu klein sind, der Boden der offenen Baumscheibe verdichtet ist und/oder sie sich zum Baumstamm hin aufwölbt, sodass das Gießwasser oberflächlich abläuft und nicht an die Wurzeln gelangt. Hinzu kommt, dass ein ausgetrockneter Boden hydrophob ist und das Wasser im trockenen Zustand erst einmal nicht annimmt. Dies ist ein Grund mehr, mit der Bewässerung nicht zu warten, bis der Boden komplett ausgetrocknet ist.

Diesen Problemen wird in der Praxis dadurch begegnet, dass klassische Gießringe im Rahmen der Pflanzung erstellt werden. Unter besonderen Umständen wie beispielsweise im Hang reicht dies nicht aus. Hier werden Rückhalteeinrichtungen wie Bewässerungsränder (Abbildung 3), oder Bewässerungssäcke (TreeGator) installiert. Auf diese Weise kann das Wasser nicht oberflächlich ablaufen und versickert in der Erde. Bewässerungsränder haben den Vorteil, dass sie relativ schnell mit einer großen Menge Wasser befüllt werden können. Die Bewässerungssäcke haben den Vorteil, dass das Wasser relativ langsam aus den Säcken entweicht und der Boden nicht verschlämmt. Allerdings müssen sie regelmäßig gewartet werden, um ein Zusetzen der Löcher zu vermeiden

Darüber hinaus werden nötigenfalls auch die Bürger der Stadt Norderstedt durch eine Pressemitteilung dazu aufgefordert, beim Bewässern der Bäume zu unterstützen. Dazu gab es schon in der Vergangenheit einige hilfreiche Hinweise:

Tipps für das Bewässern:

-       vorzugsweise am frühen Morgen oder nach Sonnenuntergang

-       bewässert werden sollte, wo möglich, flächig innerhalb der Kronentraufe des Baumes, der Baumscheibe oder der Verkehrsinsel

-       jeder Eimer Wasser zählt - und zu viel Wasser gibt es nicht

-       ein Baum benötigt mindestens 100 Liter Wasser, nach Möglichkeit sogar mehr

-       am besten zweimal hintereinander wässern, um den Boden zu öffnen

-       während Hitzeperioden sollte nach dem ersten Gießen in einem Intervall von zwei bis drei Tagen gewässert werden

 

Grundsätzlich gilt: Je geringer die gewählte Bewässerungsschwelle, ab der bewässert wird ist, desto kleiner wird der Bewässerungsaufwand insgesamt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 1: Standorte Feuchtigkeitssensoren im Stadtgebiet

 

 

Abbildung 2: Feuchtigkeitssensor mit Sendeeinheit und Batterie

 

 

 

 

Abbildung 3: Bewässerungsrand an der Poppenbütteler Straße