Sitzung: 21.11.2001 Ausschuss für Umweltschutz
Beschluss: noch nicht festgelegt
Abstimmung: JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
Vorlage: M01/0574
A. Hintergrund
Norderstedt ist 1995 dem Klimabündnis der europäischen Städte mit den
indigenen Völkern der Regenwälder / Alianza
del Clima beigetreten [1]. Damit hat sich die Stadt dazu verpflichtet,
ihre Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis zum Jahr
2010 um 50 % (bezogen auf das Basisjahr 1990) zu reduzieren.
Die Stadtvertretung hat zur Umsetzung dieser Selbstverpflichtung im
Jahr 1999 ein von der Verwaltung ausgearbeitetes Konzept beschlossen. Dieses
enthält ein Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen, wozu unter anderem die
Erstellung einer CO2-Bilanz gehört [2]. Mit diesem
Steuerungsinstrument soll die Entwicklung des Klimaschutzes in Norderstedt
messbar gemacht werden.
Infolge der Fortschritte beim Aufbau der Klimaschutz-Koordination ist
es jetzt möglich geworden, ein auf die spezifischen Verhältnisse in
Norderstedt zugeschnittenes Verfahren zu entwickeln, das die CO2-Emissionen
der Norderstedter Bevölkerung bilanziert. Dabei wurde auf die Erfahrungen aus
anderen Kommunen zurückgegriffen.
Bei der Festlegung des Verfahrens musste eine Abwägung getroffen
werden, die einen Kompromiss zwischen einer möglichst hohen Genauigkeit der
Daten und einem vertretbaren Erhebungsaufwand darstellt. Die Städte Hannover
und Frankfurt haben mit hohem Aufwand sehr umfassende Bilanzen erarbeitet. In
Anbetracht der Größenordnung sowie der personellen und finanziellen
Möglichkeiten Norderstedts orientiert sich die gewählte und nachfolgend näher
dargestellte Vorgehensweise an
§
den
Empfehlungen zur Kurzbilanz der Stadt Frankfurt [3],
§
den
vom Deutschen Institut für Urbanistik herausgegebenen Handreichungen zum Klimaschutz
in Kommunen [4]
§
den
Handreichungen des Klimabündnis e. V. [5] sowie
§
der
Klimainventur der Stadt Münster [6].
Auf Grundlage der gegenwärtig vorhandenen und öffentlich zugänglichen
Datenbasis kann so eine speziell auf die Norderstedter Situation zugeschnittene
Aussage zu den CO2-Emissionen getroffen werden. Eine (weitere)
Erhöhung der Aussageschärfe ist durchaus denkbar, allerdings nur mit Hilfe
eigener Erhebungen möglich. Der dazu notwendige Zeit- und Geldaufwand wird
gegenwärtig für entbehrlich gehalten.
B. Zielsetzung einer CO2-Bilanz
für Norderstedt
Eine kommunale CO2-Bilanz soll Aussagen über den Erfolg von
Klimaschutzmaßnahmen auf der kommunalen Ebene liefern. Sie ist ein Modell
und kann damit die tatsächlichen Energieverbräuche und CO2-Emissionen
immer nur näherungsweise darstellen. Wichtig sind dabei vor allem folgende
Aspekte:
§
Die
CO2-Bilanz muss maßstabsgerecht sein. Eine CO2-Bilanz für
Norderstedt muss die spezifischen Norderstedter Verhältnisse abbilden – und
nicht einfach einen Durchschnitt auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene
widerspiegeln.
§
Die
CO2-Bilanz muss zuverlässige Angaben in Bezug auf die
Entwicklungsrichtung und die Größenordnung der CO2-Emissionen
geben. Voraussetzung dafür ist eine Vergleichbarkeit der verwendeten Daten
im betrachteten Zeitraum, also vom Basisjahr 1990 bis zum Zielhorizont 2010.
§
Die
CO2-Bilanz muss regelmäßig aktualisierbar sein. Damit sie als ein
Steuerungsinstrument für die Politik fungieren kann, ist mindestens
einmal im Jahr eine Aktualisierung der Daten erforderlich.
Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Kriterien bereitet
insbesondere die Datenverfügbarkeit. Auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene
liegen viele Daten vor, weil die jeweiligen Statistikgesetze deren Erhebung
sicherstellen. Eine Differenzierung dieser Angaben nach Kommunen ist jedoch
allenfalls in Einzelfällen möglich. Dafür muss die Erhebung der Daten bereits
so erfolgt sein, dass eine Unterscheidung nach Kommunen erfolgte. Dieser
Detaillierungsgrad muss auch bei der Aufbereitung der Daten erhalten geblieben
sein. Schließlich dürfen keine Schutzbestimmungen (Datenschutz,
Betriebsgeheimnisse) gegen eine Nutzung und Veröffentlichung sprechen.
Außerdem kommt hinzu, dass aktuelle Entwicklungen die Datenbeschaffung
zusätzlich erschweren. So führt beispielsweise die Liberalisierung der
Strommärkte und der daraufhin einsetzende Wettbewerb dazu, dass eine
Datenbeschaffung über die ehemals als Gebietsmonopolisten tätigen
Stromversorgungsunternehmen immer geringere Marktanteile in einer Kommune
erfasst. Die unmittelbar erfassbaren Daten werden damit lückenhaft.
C. Aufbau der Norderstedter CO2-Bilanz
Zur Ermittlung der Norderstedter CO2-Emissionen sind einige
Annahmen eingeflossen, die sich andernorts bereits bewährt haben [3]. Über
die Stadt wurde eine fiktive “Käseglocke” gestülpt. Die gesamte in der Stadt
verbrauchte Energie führt dann dazu, dass sich die entsprechenden CO2-Emissionen
rechnerisch in der Norderstedter “Käseglocke” fangen und bilanziert werden
können. In dieser Betrachtungsweise ist es also egal, wo ein Kraftwerk steht
– es wird so getan, als ob der in Norderstedt verbrauchte Strom oder die hier
abgenommene Heizwärme innerhalb der “Käseglocke” erzeugt würden. Lediglich im
Verkehrssektor musste das Verfahren angepasst werden. So kann zwar für den
öffentlichen Personenverkehr anhand der Fahrpläne errechnet werden, wie viel
Energie auf dem Stadtgebiet verbraucht wurde; beim KFZ- und Flugverkehr muss
jedoch von der durchschnittlichen Jahresfahrleistung aller in Norderstedt
gemeldeten KFZ ausgegangen werden bzw. von der durchschnittlichen Nutzung von
Flugzeugen je Einwohner/-in.
Um dem Aufwand für die CO2-Bilanz in einem vertretbaren
Rahmen zu halten, ist ausschließlich auf
vorhandene Daten zurückgegriffen worden. So weit das möglich war,
handelt es sich dabei um Daten, die speziell die Norderstedter Gegebenheiten
abbilden (z.B. Anzahl der KFZ pro 1.000 Einwohner/-innen). Ergänzend sind Daten
verwendet worden, die den schleswig-holsteinischen Durchschnitt wiedergeben
(z.B. Vergleichszahlen für den ÖPNV, durchschnittlicher CO2-Ausstoß
pro Kopf in Schleswig-Holstein). Nur dort, wo nicht einmal das möglich war,
musste hilfsweise auf Angaben zurückgegriffen werden, die den Bundesdurchschnitt
(z.B. Flugverkehr) oder die Situation in einer anderen deutschen Kommune (z.B.
persönlicher Konsum / Lebensstil) widerspiegeln. Die Norderstedter CO2-Bilanz
arbeitet also entsprechend dem Prinzip, dass die öffentlich zugänglichen Daten
mit dem höchsten Regionalisierungsgrad verwendet wurden.
In der CO2-Bilanz konnten die CO2-Emissionen in
die Handlungsbereiche
§
Heizwärme
und Energie für Prozesse,
§
Licht
und Kraft (Emissionsanteil Strom),
§
Verkehr
sowie
§
persönlicher
Konsum / Lebensstil
differenziert werden.
Die zugänglichen Daten liegen häufig nur in Mengeneinheiten pro
Energieträger vor, also beispielsweise als eine bestimmte Menge Kilowattstunden
(kWh) Strom, Liter Benzin- oder Dieselkraftstoff usw.. Diese Angaben müssen
erst noch in die daraus freigesetzte Menge an CO2-Emissionen
umgerechnet werden, wozu für jeden Energieträger spezifische Emissionsfaktoren
aus der Literatur entnommen wurden. Da fossile Energieträger bei der
Verbrennung nahezu vollständig in CO2 umgewandelt werden, sind
solche CO2-Berechnungen sehr genau.
Die Emissionsfaktoren basieren alle auf den Daten des
Gesamt-Emissions-Modells integrierter Systeme (GEMIS). Dieses vom Öko-Institut
Darmstadt in Kooperation mit der Gesamthochschule Kassel entwickelte
Computermodell ist ein spezielles Werkzeug für Umweltanalysen. Es steht den
Kommunen kostenlos zur Verfügung, was zu seiner großen Verbreitung beigetragen
hat. Alle kommunalen CO2-Bilanzen arbeiten mit den Emissionsfaktoren
nach GEMIS.
Dadurch ergibt sich eine bessere Vergleichbarkeit der Aussagen
verschiedener Kommunen. Zudem können die Emissionsfaktoren problemlos
aktualisiert werden, wenn beispielsweise der technische Fortschritt im Bereich
der Fahrzeugtechnik zu deutlichen Veränderungen im Treibstoffverbrauch führt.
Für den Betrachtungszeitraum ist das im Bereich Verkehr relevant, wie folgende
Gegenüberstellung zeigt:
Emissionsfaktoren für den
Handlungsbereich Verkehr:
Stand
1990
|
||||||
CO2-Emissionen |
PKW |
LKW |
Kraftrad |
Linienbus/ Triebfahrzeug |
U-Bahn |
Flugzeug |
(g / Fahrzeug-km) |
270 |
820 |
50 |
|
|
|
(g / l) |
|
|
|
|
|
|
(g / kWh) |
|
|
|
|
|
|
(g / Personen-km.) |
|
|
|
|
|
275 |
Stand 1999 /2000
|
||||||
(g / Fahrzeug-km) |
220 |
800 |
50 |
|
|
|
(g / l) |
|
|
|
2640 |
|
|
(g / kWh) |
|
|
|
|
117 |
|
(g / Personen-km.) |
|
|
|
|
|
207 |
In den übrigen Handlungsbereichen kann für die Zeitperiode ab 1990 mit
identischen Emissionsfaktoren gerechnet werden.
1. Handlungsbereich: Heizwärme
und Energie für Prozesse
In diesem Handlungsbereich werden alle energetischen Prozesse erfasst,
die
§
dem
Bereich der Gebäudewirtschaft – insbesondere zur Klimatisierung der Gebäude
(Heizen und Kühlen) – zuzurechnen sind sowie
§
in
Industrie und Gewerbe benötigt werden.
Hierunter fällt auch die Erzeugung von Fernwärme und Strom durch die
Stadtwerke. Energieträger sind Gas, Öl, Kohle und Holz. Ergänzend wird der
Strom berücksichtigt, der zum Heizen eingesetzt wird. Für die Norderstedter
CO2-Bilanz kommt derzeit faktisch nur Gas, Öl und Heizstrom eine
erhebliche Bedeutung zu.
Basis für die Ermittlung der Energieverbräuche sind die Daten der
Stadtwerke zum Energieabsatz. Dabei werden die Angaben zur Fernwärme mit Hilfe
der in den Heizkraftwerken eingesetzten Gas- bzw. Ölmenge berechnet. Für den
Energieträger Öl liegen keine Absatzdaten für das gesamte Stadtgebiet vor; der
Aufwand zur eigenen Ermittlung dieser Daten ist unverhältnismäßig hoch.
Deshalb wird der Verbrauch von Heizöl in Norderstedt indirekt ermittelt,
nämlich als Differenz zum geschätzten Marktanteil von Gas und Fernwärme. Das
erscheint unbedenklich, da die Energieträger Kohle und Holz für die
Energieversorgung in Norderstedt aktuell keine Rolle spielen.
Ein Gutachten für die Energieversorgung der Stadt Norderstedt [2]
unterstützt diese Angaben. Dennoch verbleibt mit einem Bezug auf Schätzdaten
die größte Ungenauigkeit der Bilanz im Handlungsbereich Heizwärme und Energie
für Prozesse.
Für den Absatz der leitungsgebundenen Energieträger Gas, Fernwärme und
Heizstrom sind ab 1990 Daten verfügbar. Diese können jährlich aktualisiert
werden.
Für einen aussagekräftigen Vergleich der CO2-Emissionen über
die Jahre hinweg wird eine Witterungsbereinigung der Daten aus diesem
Handlungsbereich nach DIN 3807 durchgeführt.
In der folgenden Beispieltabelle für den Handlungsbereich Heizwärme und
Energie für Prozesse wird anhand der konkreten Zahlen des Jahres 1999 noch
einmal zusammengefasst,
§
welchen
absoluten Anteil die einzelnen Energieträger am Energieverbrauch umgerechnet
in kWh haben,
§
welche
Umrechnungsfaktoren für die einzelnen Energieträger für die Berechnung der CO2-Emissionen
zu Grunde gelegt werden [11],
§
wie
hoch die städtischen CO2-Emissionen in diesem Handlungsfeld bezogen
auf die einzelnen Energieträger absolut sind (angegeben in t CO2),
§
welchem
relativen Anteil an der gesamten in diesem Handlungsfeld verbrauchten Energie
das entspricht,
§
woher
welche Daten stammen und
§
wie
viel dieses Handlungsfeld zu den CO2-Emissionen insgesamt beiträgt,
und zwar unterschieden nach der absoluten Menge bzw. der auf die einzelne Norderstedterin
/ den Norderstedter [15] entfallenden Menge.
Heizwärme und Energie für Prozesse 1999 |
Einheit
|
Gas
|
Fernwärme |
Öl**
|
Strom
|
Summe
|
|
aus
Gas |
aus Öl |
||||||
Endenergie Gesamtstadt |
Mio. kWh |
671 |
128 |
34 |
407 |
3 |
|
Emissionsfaktor |
t CO2 / |
232 |
232 |
355 |
297 |
689 |
|
CO2-Emissionen, |
t |
155.672 |
29.696 |
12.070 |
120.879 |
2.067 |
320.384 |
CO2-Emissionen, witterungsbereinigt nach DIN 3807 |
t |
|
|
|
|
|
383.945 |
Anteil des Energieträgers
an verbrauchter Energie |
|
54,1% |
10,3% |
2,6% |
32,8% |
0,2% |
100,0% |
Beitrag zu den städtischen
CO2-Emissionen |
t CO2
/ EW |
|
|
|
|
|
5,33 |
Datenquellen im
Handlungsbereich Heizwärme und Energie für Prozesse: |
|||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Abgabedaten der Stadtwerke Norderstedt |
|
|
|
|||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Schätzwerte
der Stadtwerke Norderstedt |
|
|
|
|
||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Emissionsfaktoren
in Abstimmung mit der Investitionsbank Schleswig-Holstein für das Energiemanagementprogramm
EasyWatt in Anlehnung an GEMIS |
2. Handlungsbereich: Licht
und Kraft (Emissionsanteil Strom)
Der Verbrauch des leitungsgebundenen Energieträgers Strom kann direkt
aus den Absatzdaten der Stadtwerke Norderstedt ermittelt werden. Die CO2-Emissionen
lassen sich daraus dann ohne Schwierigkeiten berechnen.
Der Strom aus den drei Blockheizkraftwerken (BHKW) der Stadtwerke wird
direkt über die verbrauchte Gasmenge bilanziert. Damit keine doppelte
Berücksichtigung des Energieverbrauchs durch Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung
(KWK) erfolgt, wird der in den BHKW der Stadtwerke erzeugte Strom vom
Gesamt-Stromverbrauch in Norderstedt abgezogen. Die CO2-Emissionen
sind also vollständig im 1. Handlungsbereich (Heizwärme) bilanziert. Diese
Art einer Gutschrift ist eine gängige und empfohlene Vorgehensweise für die
überschlägige Bilanzierung von KWK-Anlagen in Kommunen [4].
In einer Beispieltabelle wird wiederum anhand des Jahres 1999 gezeigt,
wie hoch der Energieverbrauch im Handlungsbereich Licht und Kraft absolut
ausfällt und welche CO2-Emissionen sich daraus bei gegebenem
Umrechnungsfaktor [11] sowohl absolut als auch bezogen aus die Anzahl der
Einwohnerinnen und Einwohner [15] ergibt.
Licht und Kraft (Emissionsanteil Strom) 1999 |
Einheit |
Strom |
Endenergie Gesamtstadt |
Mio. kWh |
308 |
Emissionsfaktor |
t CO2 / |
689 |
CO2-Emissionen,
absolut |
t |
212.212 |
Anteil des Energieträgers an verbrauchter Energie |
|
100,0% |
Beitrag zu den städtischen
CO2-Emissionen |
t CO2/EW |
2,94 |
Datenquellen im Handlungsbereich Licht und Kraft
(Emissionsanteil Strom): |
|||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Abgabedaten der Stadtwerke Norderstedt |
|
|
|
|||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Emissionsfaktoren in Abstimmung mit der
Investitionsbank Schleswig-Holstein für das Energiemanagementprogramm
EasyWatt in Anlehnung an GEMIS |
3. Handlungsbereich: Verkehr
Im Handlungsbereich Verkehr werden die Energieverbräuche getrennt nach
den Sektoren
§
öffentlicher
Personennahverkehr (ÖPNV),
§
motorisierter
Indiviudalverkehr (MIV) und
§
Flugverkehr
erfasst.
Die präzisesten Angaben lassen sich dabei für den ÖPNV ermitteln.
Hierfür liegen Angaben der Verkehrsbetriebe vor, wie viele Fahrzeugkilometer in
Norderstedt zurückgelegt wurden und wie hoch der durchschnittliche Verbrauch
an Kraftstoff bzw. Fahrstrom war. Für das Referenzjahr 1990 wird der
Einfachheit halber das Ergebnis des Jahres 1999 verwendet, da der
Rechercheaufwand nach den nicht vorliegenden Fahrplänen der AKN und Buslinien
unverhältnismäßig hoch erscheint. Im Hinblick auf die gesamte CO2-Bilanz
wird der maximale Fehler für vertretbar gehalten, da sämtliche CO2-Emissionen
des ÖPNV nur 1 Prozent der verkehrsbürtigen CO2-Emissionen in
Norderstedt ausmachen und sogar nur wenige Promille des Norderstedter
Pro-Kopf-Ausstoßes an CO2 [15].
Das folgende Beispiel aus dem Jahr 1999 soll die Vorgehensweise
wiederum veranschaulichen:
Verkehr - ÖPNV 1999 |
Einheit |
Bus
|
U-Bahn |
AKN
|
Summe |
Bedien-km
|
km |
1.373.267 |
357.203 |
189.525 |
|
Durchschnittsverbrauch
|
l / km kWh / km |
0,35 |
1,53 |
1,00 |
|
Jahresverbrauch
|
l kWh |
480.643 |
546.521 |
189.525 |
|
Emissionsfaktor |
kg CO2 / l kg CO2 / kWh |
2,64 |
0,117 |
2,64 |
|
CO2-Emission |
t |
1.268.898 |
63.943 |
500.346 |
|
Anteil
an verkehrlichen CO2-Emission
ÖPNV |
|
69,2% |
3,5% |
27,3% |
100,0% |
Beitrag
zu den städtischen CO2-Emission |
t CO2 / EW |
0,02 |
0,00 |
0,01 |
0,03 |
Datenquellen im Handlungsbereich Verkehr: |
|
|
|
|
eigene Erhebungen |
|
|
|
Bundesweite Durchschnittswerte nach
[9] |
|
|
|
Emissionsfaktoren nach [10] |
Die Erhebung zuverlässiger Verbrauchsdaten für den MIV stellt
erfahrungsgemäß das größte Problem kommunaler CO2-Bilanzen dar. Eine
ortsspezifische Ermittlung würde umfassende Verkehrszählungen und -befragungen
voraussetzen, die überdies jährlich aktualisiert werden müssten. Daher wird
hier auf das Verursacherprinzip zurückgegriffen.
Bekannt und für die örtliche Situation aussagekräftig sind die jährlich
veröffentlichten Zahlen für die in Norderstedt angemeldeten Kraftfahrzeuge
[17]. Da es keine Belege für ein vom Bundesdurchschnitt abweichendes
Fahrverhalten gibt, wird die durchschnittliche Jahresfahrleistung und ein
Durchschnittsverbrauch getrennt nach PKW, LKW und Motorrädern (geht in den
Emissionsfaktor ein) zu Grunde gelegt.
Verkehr - MIV 1999 |
Einheit |
PKW |
LKW |
Krafträder |
Summe |
Anzahl der Fahrzeuge |
Stück |
45.059 |
4.432 |
2.324 |
|
durchschnittliche Jahresfahrleistung
|
km / a |
12.700 |
24.400 |
3.900 |
|
Emissionsfaktor |
kg CO2 / km |
0,24 |
0,8 |
0,05 |
|
CO2-Emission |
t |
137.339,8 |
86.512,6 |
453,2 |
224.305,6 |
Anteil
an verkehrlichen CO2-Emission
MIV |
|
61,1% |
38,6% |
0,3% |
100,0% |
Beitrag
zu den städtischen CO2-Emission |
t CO2 / EW |
1,90 |
1,20 |
0,01 |
3,11 |
Mindestens ebenso schwierig gestaltet sich die Erhebung von
Norderstedt-spezifischen Aussagen zum Flugverkehr. Auch hier muss in
Ermangelung weiter differenzierter Daten deshalb mit bundesweiten
Durchschnittswerten gearbeitet werden. Dazu wird die Jahresflugleistung im
Deutschen Luftraum verwendet, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
anhand von Kerosinabsatzdaten ermittelt. [9] Um auch den auf die Norderstedter
Bevölkerung [15] entfallenden Flugverkehr außerhalb der Grenzen Deutschlands
zu berücksichtigen, wird mit einem Korrekturfaktor von 1,8 gearbeitet. [8]
Verkehr - Flugverkehr 1999 |
Einheit |
Personenflugverkehr
|
Flugkilometer
Inland |
Pkm |
37,5
* 10 9 |
Flugkilometer Inland / EW
|
Pkm / EW |
457 |
Flugkilometer
insgesamt / EW (korrigiert mit Faktor 1,8) |
Pkm / EW |
823 |
Emissionsfaktor |
kg CO2 / Pkm |
0,207 |
CO2-Emission aller Norderstedter/innen
im Flugverkehr |
t |
170,361* EW |
Beitrag
zu den städtischen CO2-Emission |
t CO2 / EW |
0,2 |
4. Handlungsbereich: persönlicher
Konsum / Lebensstil
Ergänzend zu den bislang aufgeführten Handlungsbereichen trägt auch der
private Konsum in erheblichem Umfang zur weltweiten Freisetzung des
Treibhausgases CO2 mit bei. Hiermit sind diejenigen Ressourcen
gemeint, die für die folgende mehr oder weniger energieintensive Art und Weise
des täglichen Lebens und des Wirtschaftens aufgewendet werden. Einfluss auf die
Höhe der CO2-Emissionen haben
§
unsere
tägliche Ernährung (z.B. bewirken ein hoher Fleischanteil und ein hoher
Verarbeitungsgrad sowie ein hoher Anteil an exotischen Produkten einen höheren
Wert in der CO2-Bilanz),
§
die
Versorgung und der Umgang mit Konsumgütern (z.B. bewirken ressourcenintensive
Einwegprodukte anstelle langlebiger Konsumgüter oder auch der sogenannte
“Konsum als Selbstzweck” eine Erhöhung des CO2-Ausstoßes).
§
die
Wirtschaftsweise (z.B. bedeutet weltweit arbeitsteilige Herstellung von Konsumgütern
im Zuge der Globalisierung ein Anwachsen des nationalen und internationalen
Verkehrsaufkommens).
Für die Beschreibung dieser CO2-Emissioen
muss auf Pauschalen aus der Literatur zurückgegriffen werden, die auf Untersuchungen
wissenschaftlicher Institute basieren. Es wird unterstellt, dass dieser
Faktor innerhalb Deutschlands stärker von individuellen Verhaltensweisen als
von regionalen Einflüssen abhängt. Überdies sind die kommunalen Einflussmöglichkeiten
in diesem Handlungsbereich eher gering, da die hierfür entscheidenden Rahmenbedingungen
nahezu ausschließlich auf nationaler oder internationaler Ebene
festgeschrieben oder verändert werden. Eine höhere Aussagegenauigkeit ließe
sich nur über repräsentative Befragungen in der Norderstedter Bevölkerung
erzielen.
Da auch dieser Bereich nennenswert zum CO2-Ausstoß beiträgt,
soll er in der Norderstedter Bilanz dennoch aufgeführt werden. Dafür wird
eine Pauschale angesetzt, die auf einer Veröffentlichung des Klimabündnisses
und der Stadt Frankfurt [14] basiert. Folgende Faktoren finden hierbei
Berücksichtigung:
§
die
Ernährung mit derzeit 1,8 t CO2 / EW und Jahr,
§
der
Konsum mit 2,7 t CO2 / EW und Jahr,
§
wobei
die Wirtschaftsweise indirekt in den zuvor genannten Faktoren enthalten ist.
Mit der zu Grunde gelegten Pauschale unterschreitet die angenommene CO2-Menge
die von Prof. Hartmut Graßl und Dr. Rainer Klingholz angenommenen CO2-Emissionen
für dieses Handlungsfeld von 5 t / Einwohner im Jahr [16].
Wenn in diesem Handlungsfeld keine wesentlichen Veränderungen
stattfinden, muss der Beitrag zum Treibhauseffekt durch überdurchschnittliche
Einsparungen in anderen Handlungsfeldern kompensiert werden.
D. Quellen
[1]
Protokoll des
Umweltausschusses (26/VII) vom 7.12.1995 zu TOP 8.
[2]
Beschluss der
Stadtvertretung vom 27.4.1999 zu TOP 5.
[3]
STADT FRANKFURT,
ENERGIEREFERAT - 1999 – Wie erstelle ich eine CO2-Bilanz für meine
Stadt? – in: Dokumentation der 6. Norddeutschen Klima-Bündnis-Konferenz 1999,
Norddeutsche Klimaschutz-Koordination (Hrsg.) Lüneburg.
[4]
DEUTSCHES INSTITUT FÜR
URBANISTIK – 1997 - Klimaschutz in Kommunen. Leitfaden zur Erarbeitung und
Umsetzung kommunaler Klimakonzepte. -
700 S., Berlin.
[5]
KLIMABÜNDNIS E. V. – 2000
- Protokoll zum Workshop “Monitoring und Indikatoren im Klima–Bündnis”. - 7
S., Frankfurt/Main.
[6]
STADT MÜNSTER - 1997 -
Energie- und Klimaschutz-Inventur 1995. Berichtsvorlage an den Rat. - 18 S.,
Münster.
[7]
STADTWERKE NORDERSTEDT –
1987 - Energieversorgungskonzept Norderstedt. Planstudie des Bundesministeriums
für Forschung und Technologie und der Stadt Norderstedt. - 120 S.,
Norderstedt.
[8]
Karl Otto Schallaböck
(Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie) - mdl. Mitteilung im Januar
2001.
[9]
DER BUNDESMINISTER FÜR
VERKEHR (Hrsg.) - 2000 - Verkehr in Zahlen 1999. – 330 S., Berlin.
[10]
UMWELTBUNDESAMT 1999 –
Verkehr und Umweltmanagement. Anleitung zur betrieblichen Erfassung
verkehrsbedingter Umweltweinwirkungen. - 58 S., Berlin.
[11]
INSTITUT FÜR ANGEWANDTE
ÖKOLOGIE E. V. - 2000 - Globales Emissionsmodell integrierter System (GEMIS).
- Computerprogramm, Version 4.0., Darmstadt.
[12]
Herr Petersen
(Statistisches Landesamt Schleswig Holstein) -
mdl. Mitteilung im November 2001.
[13]
SCHALLABÖCK, K. O. - 1995
- Luftverkehr und Klima. Ein Problemfall. Kurzstudie mit einem Beitrag von
Andreas Pastowski. - 71 S., Wuppertal (Wuppertal Institut für Klima, Luft und
Energie).
[14]
KLIMABÜNDNIS E. V. /
STADT FRANKFURT, ENERGIEREFERAT - 1995 – Spar die Hälfte! Ihre persönliche CO2-Bilanz
– 8 S. , Frankfurt
[15]
STADT NORDERSTEDT,
EINWOHNERMELDEAMT - eigene Erhebungen.
[16]
GRASSL, H.; KLINGHOLZ, R.
– 1990 – Wir Klimamacher. Auswege aus dem globalen Treibhaus – 290 S.,
Frankfurt.
[17]
STADT NORDERSTEDT- o.J. -
Statistische Daten der Stadt Norderstedt, 2000. – 15 S., Norderstedt.