Beschluss: noch nicht festgelegt

Abstimmung: JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0

Herr Struckmann gibt folgenden Bericht:

 

Im Rahmen der Haushaltsberatungen beschloss der Ausschuss für junge Menschen auf seiner Sitzung am 01.10.2003, TOP 4:

“Des weiteren bittet der Ausschuss die Verwaltung folgende Punkte einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und dem Ausschuss das Ergebnis vorzulegen:

1.        Einführung einer Bearbeitungsgebühr für Aufnahmeanträge und Widersprüche

2.        Verkauf von Plätzen (z.B. an Firmen)”

 

zu 1. Einführung einer Bearbeitungsgebühr für Aufnahmeanträge und Widersprüche

Neben den bereits in der Vorlage M03/0402 genannten, dem Beschluss zugrunde liegenden Aspekten für und wider eine Einführung dieser Gebühren ist Folgendes mit zu berücksichtigen:

 

Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei dieser Gebühr um eine Verwaltungsgebühr handelt, die für eine besondere Leistung, Amtshandlung oder Tätigkeit einer Behörde (des Trägers) erhoben werden soll. Der verwaltungsmäßige Aufwand im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kindes in die Einrichtung, z.B. Daten erfassen, Bescheid erstellen, Beratungsgespräche in der Verwaltung und in der Einrichtung usw., soll damit abgegolten werden. Die konkret erbrachte Verwaltungsleistung ist zu benennen. Diese Verwaltungsleistung muss mit der geforderten Gebühr als Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Von daher ist der Höhe der Gebühr eine recht enge Grenze gesetzt.

 

 

Dazu ist festzustellen, dass mündliche Auskünfte kostenfrei sind (§ 5 Abs. 1 KAG sowie
§ 2 Nr. 1 Verwaltungsgebührensatzung). Ferner erklärt § 2 Nr. 7 Verwaltungsgebührensatzung solche Leistungen für kostenfrei, die im Bereich des Sozialwesens die Voraussetzung für die Erfüllung gesetzlicher Ansprüche schaffen sollen. Damit stellt sich zumindest in den Fällen, in denen Plätze nur im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs auf einen Kindergartenplatz nachgefragt werden, die Frage nach der Zulässigkeit einer Gebühr. Weiterhin gibt § 5 Abs. 3 KAG Regelungen vor, in welchen Fällen eine Gebühr entweder nicht erhoben werden darf, od. um ein Viertel ermäßigt werden muss. Mit einer Gebührenerhebung wäre ein hoher bürokratischer Aufwand verbunden.

 

 

Weiter muss klar sein, dass eine solche Gebühr keine zusätzlichen Einnahmen schafft. Die Personalkosten für Einrichtungsleitungen und Erzieherinnen sowie für die Verwaltungsmitarbeiter sind in der Kalkulation für die Benutzungsgebühr (Regelgebühr 230 € mtl.) enthalten. Will man einen bestimmten Tatbestand gesondert gebührenpflichtig machen, braucht es dafür eine kalkulatorische Grundlage. Mit anderen Worten: Der Kostenanteil für die Bearbeitung von Aufnahmeanträgen und für das Führen von Vorstellungs- und Beratungsgesprächen muss ermittelt und aus der Gesamtkalkulation herausgerechnet werden. Dazu wäre zu ermitteln, wie viele solcher Gespräche geführt werden, wie lange sie im Durchschnitt dauern, was das eingesetzte Personal kostet usw.

 

Es ist festzulegen, welcher Kostendeckungsgrad für diesen Gebührentatbestand anzusetzen ist. Wenn dies unter einnahmetechnischen Gesichtspunkten betrachtet werden soll, ist von Gebühren um 20 bis 30 € pro angefangene Beratungsstunde auszugehen. Dem dürfte allerdings das Prinzip der Angemessenheit von Leistung u. Gegenleistung entgegenstehen.

 

Sofern diese Gebühr ohne Ermäßigung von allen erhoben werden soll, bestünde die Gefahr der Ausgrenzung finanziell oder sozial Schwacher. Den Bestrebungen einer kinder- und familienfreundlichen Politik würde zuwider laufen die Mehrfachzahlung bei kinderreichen Familien. Bei Anwendung einer Sozialstaffel würde der Aspekt der Mehreinnahme nicht greifen, desgleichen bei einer möglichen Erstattung der Gebühr bei Aufnahme oder Abmeldung aus Warteliste.

 

Weiter stellt sich die Frage der Akzeptanz einer solchen Gebühr. Bislang haben wg. des  knappen Platzangebotes die Eltern sich bei mehreren Trägern gleichzeitig beworben. Das hieße zukünftig, dass die Bearbeitungsgebühr mehrfach fällig wird, sofern alle Träger sie erheben. Falls dies nur die Stadt für ihre Einrichtungen einführt, wäre dies ein weiterer Wettbewerbsnachteil gegenüber den Kindertagesstätten in nichtstädtischer Trägerschaft.

 

Insgesamt bedeutet die Einführung von Bearbeitungsgebühren auch ein erhöhter Verwaltungsaufwand, u.a.a. durch Bareinzahlung alternativ Bearbeitung des Antrages erst nach Zahlungseingang.

 

Die Einführung einer neuen Gebühr wäre nur im Rahmen eines Satzungsänderungsverfahrens möglich. Weiter wären nach dem vorliegenden Finanzierungsvertrag die Träger in einer solchen Frage zu beteiligen.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Probleme und Nachteile bei Einführung einer Bearbeitungsgebühr unverhältnismäßig hoch wären zu den zu erwartenden finanziellen Vorteilen. Vor diesem Hintergrund wird von der Einführung einer Bearbeitungsgebühr abgeraten.

 

 

zu 2. Verkauf von Plätzen (z.B. an Firmen)

Es wird ausgegangen von der Annahme, dass Firmen ein festzulegendes Kontingent von Kita-Plätzen für die Kinder ihrer Beschäftigten zur Verfügung gestellt wird. Für die Firmen wäre dies ein Angebot, mit dem sie neue Mitarbeiter/innen gewinnen bzw. bereits Eingestellte halten könnten.

 

Die Firmen könnten diese Plätze auch Beschäftigten geben, die nicht in Norderstedt wohnen. Somit würden die Plätze nicht mehr bei Berechnung des Versorgungsgrades berücksichtigt und voraussichtlich auch nicht in die Bezuschussung durch Land und Kreis fallen.

 

Eine Bedarfsabfrage bei Norderstedter Firmen Anfang der 90er Jahre hat letztlich zu keinem Kauf von Kita-Plätzen geführt.

Vor einer erneuten Abfrage ist zunächst zu entscheiden, zu welchen Konditionen die Plätze angeboten werden sollen. Das Spektrum der Möglichkeiten reicht hier von der Gebühr, die laut Satzung auch allen Eltern in Rechnung gestellt wird – dies gäbe für die Stadt Norderstedt allerdings nur Sinn bei einer problematischen Auslastungssituation -, bis hin zu den Gesamtkosten eines Platzes (lt. aktueller Gebührenbedarfsberechnung 1.067,35 € für einen Ganztagsplatz) – Letzteres insbesondere dann, wenn Landes- und Kreiszuschüsse entfallen sollten.

 

Auf Nachfrage erklärten sowohl der Kreis Segeberg als auch das Land Schleswig-Holstein, dass in deren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen bisher keine Beispiele bekannt sind, in denen Kita-Träger Plätze an Firmen verkauft haben. Eine Prüfung, ob dies Auswirkungen auf die Bezuschussung hätte, ist deshalb dort noch nicht erfolgt.

Erfahrungen mit diesem Modell gibt es in Hamburg. Dort hat ein Träger von Kindertageseinrichtungen mit zwei Großkonzernen eine Vereinbarung geschlossen. Diese sieht vor, dass beide Firmen im Bedarfsfall jeweils bis zu 10 Plätzen in den Kindertagesstätten des Trägers in Anspruch nehmen können. Dieses Vorgriffsrecht, das unabhängig von vorhandenen Wartelisten besteht, wird von den Firmen im Belegungsfall mit 50 € (für eine täglich 4stündige Betreuung) bzw. 100 € (für mehr als 8 Stunden Betreuungszeit täglich) zusätzlich zu Elterngebühr und staatlichen Zuschüssen vergütet.

 

Verwaltungsseitig wird davon ausgegangen, dass auch eine erneute Umfrage bei Norderstedter Firmen keine grundsätzlich anderen Rückmeldungen erbringt. Zum Einen zwingt die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation Unternehmen nicht, Mitarbeiter/innen mit der Bereitstellung von Betreuungsangeboten zu gewinnen bzw. zu halten. Zum Anderen ist die Versorgung mit Kita-Plätzen und durch Tagesmütter in Norderstedt derzeit befriedigend genug, so dass Eltern in der Regel durch Eigeninitiative den individuellen Betreuungsbedarf für ihre Kinder selbst bewerkstelligen. Schließlich zeigt das Hamburger Modell, dass mit der Schaffung einer solchen Möglichkeit die Finanzsituation des Trägers nicht nachhaltig zu verbessern ist.

Es wird deshalb empfohlen, den Verkauf von Plätzen an Firmen zunächst nicht weiter zu verfolgen.

 

 

 

Der Ausschuß für junge Menschen nimmt die Berichtsvorlage M 03/0500 zustimmend zur Kenntnis.

Die Einführung einer Bearbeitungsgebühr für Aufnahmeanträge und Widersprüche und der Verkauf von Plätzen wird nicht weiter verfolgt.