In der Sitzung des Umweltausschusses vom 17.11.2021 stellte die WIN Fraktion eine Anfrage zum Überflutungsschutz unter Bezugnahme auf ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht zu den Aufgaben und hoheitlichen Pflichten der Stadtverwaltung im Hinblick auf den Hochwasser- und Überflutungsschutz der Bürger*innen bei „seltenen Starkregen“ und „außergewöhnlichen Starkregen“. Wobei eine Nichtbeachtung vom Gericht als Pflichtverletzung angesehen wurde.
Die Beantwortung wurde größtenteils bereits am 16.02. zu Protokoll gegeben, leider fehlten bei der Übermittlung noch einige Sätze, welche die Stellungnahme der Verwaltung zu dem Urteil widerspiegelt.
Folglich wird hier nochmal die vollständige Beantwortung zu Protokoll gegeben.
Antwort:
Zwischenzeitich liegt
dem Fachbereich Verkehrsflächen, Entwässerung und Liegenschaften das besagte
Urteil vor.
Im verhandelten Fall
wurde die Gemeinde verklagt, da es bei einem Einfamilienhaus zu
Feuchtigkeitsschäden kam, weil die Regenentwässerungsleitungen durch den
Anschluss eines höher gelegenen Neubaugebietes nicht mehr ausreichend
dimensioniert seien und daher nicht in der Lage das zusätzliche Regenwasser aus
dem neuen Baugebiet abzuleiten.
Zutreffend ist, dass
das Gericht eine Pflichtverletzung bei der Entwässerungsplanung feststellt.
In der
Urteilsbegründung stellt das Gericht fest, dass die Gemeinde die
Regenentwässerungsleitungen ausreichend zu dimensionieren hat. Sie hat dabei
auch zu berücksichtigen, dass Wasser von außen in das jeweilige Gebiet fließen
kann.
Weiterhin heißt es
aber:
„Zwar ist die Gemeinde
nicht verpflichtet, eine Regenwasserkanalisation zu unterhalten, die alle
denkbaren Niederschlagsmengen bewältigen kann. Aus wirtschaftlichen Gründen
kann keine Gemeinde das Fassungsvermögen einer Regenwasserkanalisation so groß
bemessen, dass jeder Starkregen, also auch ganz selten auftretender,
außergewöhnlich heftiger Regen bewältigt werden kann. Auf welche
Regenereignisse abzustellen ist, hängt nicht nur von dem sogenannten Berechnungsregen
ab, der auf Basis bestimmter Wiederkehrzeiten auftritt, sondern auch von den
örtlichen Gegebenheiten, insbesondere von den Höhenlagen der betroffenen
Grundstücke und ihrer Umgebung.“
Im konkreten Fall ist es demnach so, dass es bereits bei einem Starkregen wie er alle drei Jahre vorkommt zu Überstauungen im Bereich der Straße in der Nähe des Grundstücks des Klägers kommt. Nach dem Anschluss des Neubaugebietes kam es demnach in 10 Jahren mindestens sechs Mal zu Überflutungen des Grundstückes.
Das Gericht stellt zwar fest, dass die Gemeinde Anlieger und Nutzer im Rahmen des Zumutbaren vor Überschwemmungen schützen muss, schließt aber aus, dass die Gemeinde jeden denkbaren Starkregen bewältigen muss.
Weiterhin definiert das Gericht keine allgemeingültige Grenze, sondern stellt auf den konkreten Einzelfall ab
Somit steht das Urteil nicht im Widerspruch zur Auffassung der Verwaltung. Auf den „Objektschutz“ der durch die Eigentümer zu leisten ist, wird in besagtem Vortrag nur für „außergewöhnliche Ereignisse“ hingewiesen.