Beschluss: Kenntnisnahme

Frau Betzner-Lunding fragt, warum nur so wenige Förderanträge gestellt wurden. Sie kritisiert die mangelnde Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema und fragt, in welcher Form die Möglichkeiten zur Förderung von der Stadt beworben werden. Eine Ausschöpfung der bereitgestellten Mittel ist wünschenswert.

 

Antwort

 

Das Förderprogramm wurde mit folgenden Maßnahmen flankiert; der Berichtszeitraum beginnt mit 01/2020. Es ist damit berücksichtigt, dass die Erfolge von „Werbemaßnahmen“ in der Regel erst mit einer zeitlichen Verzögerung in der Bilanz zum Förderprogramm sichtbar werden:

 

·         02/2020 Kostenfreie Energieberatung und Beratung zum Förderprogramm am Stand der Stadt auf der Messe „Rund um’s Haus“ und Hinweis auf das Angebot im Messemagazin. Dieser wichtige Baustein der „Werbung“ für das Förderprogramm entfiel 2021 und 2022 pandemiebedingt.

·         10/2020 – 10/2021: Kooperation mit der Verbraucherzentrale SH (VZSH) zur Übernahme der Selbstbeteiligung von 30 Euro/Stk. für 50 Checkberatungen als Einstieg in die energetische Gebäudesanierung unter Hinweis auf das Norderstedter Förderprogramm. Es wurde u. a. mit Handzetteln u. a. in den Büchereien, in der Broschürenauslage im Rathaus und bei der VZSH informiert. Das Kontingent der Checkberatungen war im Oktober 2021 ausgeschöpft. Anhand des Evaluationsstandards der Verbraucherzentrale konnten dadurch Einsparpotenziale von mehr als 2 GWh Endenergie aufge­zeigt werden, die sich während der durchschnittlichen Lebensdauer der verschiedenen Maßnahmen erreichen lassen. Allerdings sind derzeit keine Anträge zum Förderprogramm Wärmeschutz bekannt, die durch diese Maßnahme ausgelöst wurden.

·         01/2020-11/2021: Pressemitteilungen zu den Themen „Attraktive Förderungen von Klimaschutzmaßnahmen“, „25 Jahre Klimaschutz in Norderstedt: Zum Jubiläum finanziert die Stadt 50 Energie-Checks der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein“, „Attraktive Förderungen durch die Stadt und den Bund erleichtern die Unabhängigkeit von rasant steigenden Heizkosten“, „Aufruf zur CO2-Bilanzierung und Förderprogramm“.

·         10/2020 Information der Norderstedter Handwerksbetriebe, Energieberater*innen und sonstiger Multiplikatoren zum Förderprogramm mit der Bitte, das Angebot zu verbreiten. Dazu wurde der Flyer „Erstinformation zum Förderprogramm“ bereitgestellt und angeboten, weiteres Material bei Bedarf zuzuschicken.

·         8/2021: Der Flyer „Erstinformation zum Förderprogramm“ wurde aktualisiert und im Internet veröffentlicht sowie im Rathaus und in den Büchereien ausgelegt.

·         3/2022: Das novellierte Förderprogramm „Wärmeschutz im Gebäudebestand“ (Vorlage B 22/0039) tritt in Kraft. In der Presse, auf noa4 und in den sozialen Medien wurde berichtet.

 

Wie sich an der Statistik zum Norderstedter Förderprogramm zeigt, hatten die Informations- und Beratungsmaßnahmen offensichtlich nicht die gewünschte Wirkung. Das Aufmerksam-Machen auf das Förderangebot und die Vermittlung weiterführender Informationsquellen reichen offenbar nicht aus, um ein weiteres Handeln auszulösen. Erste Ideen für weitere Formate der Öffentlichkeitsarbeit (z. B. ein Talk mit Schlüsselakteuren) wurden entwickelt, die Umsetzung pandemiebedingt aber zunächst zurückgestellt.

 

Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für weitere Maßnahmen zum Anschub der energetischen Gebäudesanierung wurden eruiert. Hier wurden in erster Linie Erfahrungen aus anderen Kommunen herangezogen. Offensichtlich ist es erforderlich, die Sanierungs-interessierten in mehreren stufenweisen Beratungsschritten an die Sanierung heranzuführen und damit Hemmnisse auszuräumen und den Sanierungsprozess zu begleiten. Es zeigte sich, dass deutliche Erhöhungen der Sanierungstätigkeit an privaten Immobilien in der Regel nur mit dem hohen Aufwand der aufsuchenden Beratung zu erreichen sind (Bsp. Bottrop, Viernheim, Metropolregion Rhein-Neckar).

 

Die Möglichkeiten, eine aufsuchende Beratung nach der Vorgehensweise der sogenannten Energiekarawane (im Franchise Modell von Fesa e. V. und Klima-Bündnis) auf Norderstedt zu übertragen, wurden im Sommer 2021 ausgelotet. Dabei stellte sich heraus, dass es zu dem Zeitpunkt unwahrscheinlich gewesen wäre, die nach dem Projektmodell erforderliche Anzahl an Energieberatenden auf dem freien Markt für Norderstedt akquirieren zu können. Es scheint daher vorteilhaft, eine an die „Energiekarawane“ angelehnte Vorgehensweise der aufsuchenden Beratung mit eigenem Personal zu bestreiten. Hiermit soll erreicht werden, u. a. auch die Hemmnisse abzubauen, die sich 2020/2021 gegenüber den Vorjahren verstärkt hatten, u. a.: stark gestiegene Baupreise und Materialengpässe sowie Schwierigkeiten, Handwerker zu finden. Diese Umstände führen zu Planungsunsicherheit und lähmen häufig die Entscheidungsfreude. [1], [2]

 

Ausblick:

Mit den stark gestiegenen Energiepreisen wird die energetische Gebäudesanierung wirtschaftlicher, wenn auch die gestiegenen Baupreise diesen Effekt bremsen. Nach der Novellierung ist das am 16.03.2022 in Kraft getretene Norderstedter Förderprogramm deutlich attraktiver (Vorlage B 22/0039). Hinzu kommt die ebenfalls hohe Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG), die vorrangig in Anspruch zu nehmen ist. Unter bestimmten Voraussetzungen können beide Programme kombiniert werden.

 

Eine verstärkte Sanierungstätigkeit und damit auch Nachfrage nach dem Norderstedter Förderprogramm Wärmeschutz ist deshalb wahrscheinlich. Zumal mit der im Haushalt beschlossenen neuen Stelle „Klimaschutz im Gebäudebestand, insbesondere Energieberatung“ die personelle Möglichkeit zu Pilotprojekten der aufsuchenden Beratung und einer professionellen Kampagnenarbeit eröffnet wird.

 

Eine Erweiterung des Förderprogramms um Förderinhalte zur erneuerbaren Energieversorgung, (z. B. ein Ersatz von fossil befeuerten Heizungsanlagen durch CO2-freie Heizenergieversorgungen durch mit regenerativ erzeugtem Strom betriebene effiziente Wärmepumpe, Solarthermie etc., ein Batteriespeichersystem zur Zwischenspeicherung von selbst erzeugtem Solarstrom) kann auch die Aufmerksamkeit für die Sanierung der Gebäudehülle steigern. So konnte die Stadt Münster ab 2019 durch ähnliche zusätzliche Förderbausteine die Nachfrage nach Wärmeschutzförderungen erkennbar steigern.

 

 

Quellenangabe:

 

[1] telefonische Auskunft mehrerer Energieberater in Norderstedt im September 2021

 

[2] DESTATIS - 2022 - Preisindizes für die Bauwirtschaft. Fachserie 17, Reihe 4. – 40 S., verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Baupreise-Immobilienpreisindex/Publikationen/bauwirtschaft-preise-artikel.html (abgerufen am 13.4.2022)