Sachverhalt:

 

Die Stadt Norderstedt hat im März 2023 begonnen, den kommunalen Wärme- und Kälteplan für Norderstedt zu erstellen. Grundlage dafür ist § 7 des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holstein (EWKG). Diese Planung wird gemeinsam von der Stadtverwaltung und den Stadtwerken Norderstedt koordiniert (siehe Beschlüsse B 22/0282 des Umweltausschusses vom 17.08.2022 und B 22/0282/1 der Stadtvertretung vom 13.12.2022).

Für die Aufstellung eines Wärme- und Kälteplan sind u.a. folgende Informationen zu erarbeiten:

1.    Bestandsanalyse des Ist-Zustands (Energieverbrauch / Treibhausgasemissionen aller Gebäude für Wärme und Kälte)

2.    Prognose des künftigen Wärmebedarfs (energetische Sanierungen der Gebäude sind zu berücksichtigen)

3.    Potenzialanalyse der lokal verfügbaren erneuerbaren Wärme / Kälte sowie Abwärme

4.    Räumliches Konzept zur treibhausgasneutralen Wärme- und Kälteversorgungsstruktur, das den Ausbaubedarf erneuerbarer Energien, der leitungsgebundenen Wärme- und Kälteversorgung sowie die Steigerung der energetischen Sanierungsrate und die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden umfasst

5.    Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Konzepts mit Zeitplan, Kostenrahmen und Ziel für 2030, Nennung von fünf prioritären Maßnahmen und Monitoringkonzept.

Der Wärme- und Kälteplan ist zu beschließen, z.B. als Satzung.

Der Umweltausschuss wurde am 15.03.2023 über die Vergabe des Auftrags zur Erstellung der kommunalen Wärme- und Kälteplanung durch die Stadtwerke Norderstedt an die HIC Hamburg Institut Consulting GmbH informiert (Vorlage M 23/0133). Konnexitätsmittel des Landes in Höhe von rund 66.000 € werden für die Erstellung des Wärmeplans eingesetzt.

Der aktuelle Sachstand der Planung soll in der Sitzung des Umweltausschusses vom 15.11.2023 durch die HIC Hamburg Institut Consulting GmbH vorgestellt werden. Diese Mitteilungsvorlage ist zur Vorbereitung auf die Thematik gedacht.

Die Arbeiten schreiten gemäß der Projektplanung voran. Die Öffentlichkeit wurde im Juni 2023 über die Presse informiert, dass Norderstedt eine kommunale Wärme- und Kälteplanung durchführt (gemeinsame Pressekonferenz von Stadt und Stadtwerken am 22.06.2023).

Die Einbindung von Stakeholdern (Fachämter, Wohnungswirtschaft, Unternehmen, Interessensvertretungen, Verbraucherzentrale etc.) wurde über eine Arbeitsgruppe am 05.07.2023 begonnen.

Eine Veranstaltung zur Information der Öffentlichkeit ist für Ende November vorgesehen.

Die folgenden Seiten geben den Sachstand aus Sicht des Hamburg Instituts wieder. 

 

 

 

 

 

Bestandsaufnahme:

Auf Basis der Gebäudedaten der Stadt Norderstedt und anonymisierten Verbrauchsdaten der Stadtwerke Norderstedt für die Energieträger Fernwärme, Heizstrom und Gas (der Jahre 2019, 2020, 2021) wurden die durchschnittlichen, witterungsreinigten absoluten und spezifischen Wärmebedarfe ermittelt. Die Daten wurden so gut wie möglich den Gebäudedaten (unter Berücksichtigung von Etagen-Anzahl und von mitversorgten Gebäuden etc.) zugeordnet. Lücken bei den Daten, insbesondere den nicht-leitungsgebundenen Energieträger Öl betreffend, wurden über Schätzungen mithilfe der Stadtraumtypen (Ecofys-Studie, 2009) und Informationen aus Bebauungsplänen aufgefüllt. Die so generierten spezifischen Bedarfe dienen als Grundlage für die zu ermittelnden Kennzahlen und Bilanzen.

Im Hinblick auf einen möglichen Ausbau der Wärmenetze wurde auf Basis der Straßendaten ein hypothetisches Netz in die Stadtbereiche gelegt, die noch nicht mit Wärmeleitungen erschlossen sind. Die Wärmeliniendichte als späterer Indikator in der räumlichen Analyse errechnet sich aus den Anschlussbedarfen der zur jeweils nächsten Straße zugeordneten Gebäude bezogen auf die Länge des entsprechenden Straßenabschnitts.

Einbindung Stakeholder: Eine Einbindung relevanter Akteure mit Multiplikationswirkung erfolgte am 05.07.2023 im Rahmen des Arbeitskreises zur Lenkung der kommunalen Wärmeplanung in Norderstedt (s. o.). Neben der Verwaltung waren u.a. auch Vertretungen der Industrie, des Handwerks und der Wohnungsbaugesellschaften am Termin beteiligt. Das Vorgehen und der Zeitplan zur kommunalen Wärmeplanung wurden vorgestellt, Datenbedarfe und offene Fragestellungen diskutiert und die weitere Mitwirkung abgestimmt.

Die Potenzialanalyse umfasst die folgenden Potenziale:

Geothermie: Die Landesvorgaben zu Schutzabständen und Schutzbereichen, die sich für eine geothermische Nutzung nicht eignen bzw. dort nicht zulässig sind, wurden recherchiert und implementiert. Für die mitteltiefe und tiefe Geothermie wurden eigene Analysen auf Basis von Landes- und Bundesdaten mit den Ergebnissen des geologischen Gutachtens aus dem Transformationsplan der Stadtwerke Norderstedt abgeglichen. Die Potenzialanalyse der oberflächennahen Geothermie (Sonden) erfolgt flurstückscharf unter Beachtung der Landesvorgaben zu Schutzabständen und Schutzbereichen. Zu jedem Flurstück ist eine Entnahme- und Heizmenge berechnet, die mit den Bedarfsdaten im nächsten Schritt räumlich verschnitten wird.

Umweltwärme: Unter Umweltwärme werden im Projekt Gewässer und Umgebungsluft gefasst. Die Gewässer in Norderstedt wurden grob analysiert. 

Zur Nutzung der Umgebungsluft durch Luftwärmepumpen wurde ein Modell erstellt, das auf Basis von Leistungsklassen und Schallemissionen die notwendigen Abstände zum nächsten Immissionsort überschlägig ermittelt. Durch eine detaillierte räumliche Analyse für jedes beheizte Gebäude wird ermittelt, ob der bestmögliche Aufstellpunkt für eine Luftwärmepumpe auf Basis der benötigten Leistungsklasse (nach Wärmebedarf) ausreichend Abstand zum nächsten Immissionsort aufweist. Ziel ist es, auf Quartiersebene auszuweisen, ob eine dezentrale Versorgung durch Luftwärmepumpen bei einem Großteil der Fälle auf Basis der Analyse möglich scheint, oder ob die Bebauung bzw. die Bedarfe räumlich zu konzentriert vorliegen, um die Erschließung der Wärmequelle (Umgebungsluft) direkt am Gebäude zu gewährleisten. In diesem Fall müsste eine treibhausgasneutrale Versorgung im Quartier (“Nahwärme”) bzw. über die Fernwärme ermöglicht werden kann.

Abwärme: Unter die Abwärmenutzung fallen die Abwärme aus Industrieprozessen & Rechenzentren und die Abwärme aus Abwässern. Für die Abwärme aus Industrieprozessen wurden in Norderstedt relevante Betriebe, deren Wirtschaftszweig und die entsprechenden Abwärmefaktoren identifiziert und mit der Liste der genehmigungsbedürftigen Anlagen („BImSch-Anlagen“) abgeglichen. Im nächsten Schritt erfolgt der Verschnitt mit den Bedarfsdaten, um das Abwärmepotenzial räumlich verortet zu quantifizieren. Das qualitative Potenzial zur technischen Erschließbarkeit von Abwärme aus Abwasserkanälen wurde in Norderstedt bereits untersucht und ist räumlich die in Wärmeplanungskarte eingefügt. Die Nutzbarkeit bzw. Bereiche zur näheren Untersuchung ergeben sich im nächsten Schritt des Projekts, wenn die räumliche Analyse erstellt wird.

Biomasse: Die Biomassepotenziale, die in Norderstedt vertretbar genutzt werden können, wurden auf Basis von Landesatlanten und Einordnung durch Umweltverbände zur sinnvollen Nutzung recherchiert und berechnet. So wird Restholz am Ende des Nutzungszyklus als nutzbares Potenzial aufgefasst, während Biomasse aus Frischholz als sehr kritisch betrachtet und nicht als empfohlenes Potenzial aufgenommen wird. Zur Wiedervernässung von Mooren und deren land- und forstwirtschaftlicher Nutzung als sog. Paludikultur  (u.a. für Schilfanbau) wurde beim Land SH angefragt. Im Ergebnis konnte vom Land SH eine Potenzialstudie für potenzielle Flächenbereiche bereitgestellt werden, die in die Untersuchung aufgenommen wird und Hinweise gibt, wo eine Moorwiedervernässung mit Anbau von Biomasse möglich scheint.